Berlin. Nahles ist kaum zur SPD-Fraktionschefin gewählt, da bläst sie zur Attacke auf die Union

Als ihr Aufstieg an die SPD-Fraktionsspitze endlich besiegelt ist, zeigt sich Andrea Nahles tief erleichtert: „Ein sehr glücklicher Tag“ sei das für sie, erklärt die bisherige Arbeitsministerin am Mittwochmittag, eine „große Ehre“ sei das Amt. Dass die 153 SPD-Abgeordneten im Bundestag sie kurz zuvor mit rund 90 Prozent zu ihrer Vorsitzenden gewählt haben, nennt Nahles etwas unbescheiden „den Beginn eines Erneuerungsprozesses der SPD“.

Und dann macht die 47-Jährige auch schnell klar, womit jetzt zu rechnen ist: Die neue Oppositionsführerin will vor allem die Union scharf attackieren. „Wir gehen nicht in die Opposition, um in der Opposition zu bleiben“, sagt Nahles. Schon 2021 solle die so schwer abgestürzte Partei wieder an die Regierung kommen. Sie blickt auf die letzte Kabinettssitzung am Morgen zurück und fügt mit lautem Lachen hinzu: „Ab morgen kriegen sie in die Fresse.“

So schnell schaltet Nahles also um. Viele Jahre lang hat sie polarisiert. Sie war in den 90er-Jahren Juso-Vorsitzende, später wurde sie Frontfrau des linken SPD-Flügels. Dem wird die studierte Germanistin immer noch zugerechnet. Sie weiß sehr gut, was ihre SPD nach der katastrophalen Niederlage jetzt hören will: Sie habe in der Fraktion eine „Aufbruchstimmung“ gespürt und eine „Lust, die Oppositionsrolle anzunehmen“. Die SPD müsse ihr Profil schärfen. Ein paar Ideen präsentiert die Fraktionschefin schon: Wie sich der neue „digitale Kapitalismus“ mit der sozialen Marktwirtschaft vereinbaren lasse, solle ein großes Thema werden. Die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit müsse im Alltag besser nachvollziehbar werden, mahnt sie. Und das Sicherheitsbedürfnis der Bürger müsse mit der Verkopplung von Polizei und Prävention stärker Niederschlag in der SPD-Politik finden. Im Bundestag will Nahles die SPD als „die Europa-Partei“ profilieren.

Bei der Aufgabe, die Fraktion zu führen, wird ihr Carsten Schneider als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer beistehen: Der Erfurter aus dem konservativen Seeheimer Kreis erhielt in der Fraktion aber nur 77 Prozent der Stimmen, ein Ergebnis der Querelen zwischen linkem und rechtem Flügel.