Berlin. Der Einzug der AfD in den Bundestag wird weltweitmit Sorge betrachtet

Das Ergebnis der Bundestagswahl hat weltweit Wellen geschlagen. Tenor: Das Regieren in Deutschland werde künftig schwieriger. In Frankreich spricht man von einem „bitteren Sieg“ für Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Union. Die Türkei hofft auf eine Normalisierung der bilateralen Beziehungen. Der Einzug der rechtsextremen AfD wurde vielerorts mit Sorge regis­triert. Die Befürchtung: Die CDU/CSU werde nach rechts rücken.

In Paris hat man genau regis­triert, dass die FDP – die in einer Jamaika-Koalition ein wichtiger Spieler wäre – gegen eine weitere Integration in der Eurozone ist. Die Liberalen sehen die Idee von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron skeptisch, die Eurozone zu vertiefen. Am heutigen Dienstag will Macron eine Grundsatzrede zur Neugründung der EU halten. Dabei werden auch Signale Richtung Berlin erwartet. Regierungssprecher Christophe Castaner bezeichnete das Wahlergebnis als „bitteren Sieg“ für Kanzlerin Merkel.

Die Brexit-Debatte spielte in britischen Zeitungen einen Tag keine große Rolle. Jetzt stünden schwierige Koalitionsverhandlungen in Deutschland bevor, lautet der Tenor. Der Schock, dass in der Nachkriegszeit mit der AfD erstmals eine rechtsextreme Partei in den Bundestag einzieht, sitzt tief. „Es ist ein Zeichen der wachsenden politischen Fragmentierung“, schrieb der „Guardian“. Die „Times“ stellte fest, dass „die siegreiche Frau Merkel letztlich eine grundsätzlich instabile Regierung leiten dürfte“.

Die russische Führung hielt sich zunächst zurück. Kanzlerin Merkel habe zwar gewonnen, aber die Regierungsbildung stehe noch bevor, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. „Wir werden das sehr aufmerksam verfolgen“, erklärte er. Erst nach einer genauen Analyse werde sich Präsident Wladimir Putin äußern. Peskow bekräftigte, Deutschland sei ein sehr wichtiger Partner Russlands, vor allem für Handel und Investitionen. Der Politologe Fjodor Lukjanow unterstrich, sollte eine Koalition mit den Grünen zustande kommen und sollten diese das Außenministerium übernehmen, wäre das ungünstig für Moskau. Die Partei sei sehr kritisch gegenüber Russland.

Aus der amerikanischen Regierung gab es zunächst keine Reaktion. Auch die berüchtigten Tweets von Präsident Donald Trump befassten sich nicht mit der Bundestagswahl. Die „Washington Post“ kommentierte: „Gauland und andere AfD-Kandidaten machten während der gesamten Kampagne Schlagzeilen, die weithin als empörend wahrgenommen wurden. Doch einige ihrer Wähler äußerten am Sonntag die Hoffnung, dass dieses Profil ihrer Partei Merkel dazu zwingen wird, ihre Politik der jüngeren Vergangenheit zu ändern.“

Die türkische Regierung hofft auf eine Normalisierung im Verhältnis zu Deutschland. Man müsse ein „neues Kapitel“ aufschlagen und die Beziehungen zwischen den beiden Ländern „reparieren“, sagte Ministerpräsident Binali Yildirim. Kanzlerin Merkel habe erkannt, dass Streit mit der Türkei keine Stimmen gebracht habe. „Wer hat gewonnen? Die Rassisten haben gewonnen.“ Yildirim fügte hinzu, notwendig für eine Normalisierung sei jedoch ein härteres Vorgehen der Bundesregierung gegen Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und der Gülen-Bewegung. Ankara macht Letztere für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan nannte das Wahlergebnis in Deutschland „eine Lehre“, ohne das näher auszuführen.