London.

Die britische Regierung will die Zusammenarbeit mit der EU bei Terrorbekämpfung und Kriminalität im Rahmen der Brexit-Verhandlungen neu regeln. Das geht aus einem Positionspapier des Brexit-Ministeriums in London hervor, das am Montag veröffentlicht wurde. „Der Kampf gegen Kriminalität und Terror sollte mit einem Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU nach dem Brexit gestärkt werden“, hieß es in einer vorab verbreiteten Mitteilung. Die Details des neuen Abkommens mit der EU sollen demnach als Teil der weiteren Diskussionen zur „tiefen und besonderen Partnerschaft“ ausgearbeitet werden.

Die britische Regierung ist uneins über ihren Brexit-Kurs. Außenminister Boris Johnson hatte am Wochenende eine eigene Vision vom EU-Ausstieg in einem Gastbeitrag in der konservativen Tageszeitung „Daily Telegraph“ vorgelegt. Kommentatoren sahen das als Herausforderung an die Regierungschefin Theresa May. Denn Johnsons Chefin will am Freitag im italienischen Florenz eine programmatische Grundsatzrede darüber halten, wie sich Großbritannien nach dem Brexit aufstellen will. Laut Downing Street wird May in Italien weder politische Gespräche führen noch an einer Tagung teilnehmen. Sie fliegt eigens für die Rede in die Toskana. Man erwartet, dass sie Kompromissbereitschaft bei strittigen Fragen signalisieren will, insbesondere bei dem Streitpunkt, wie viel Geld Großbritannien der Europäischen Union zu zahlen hat. Insider kolportierten, dass May anbieten wolle, jährlich einen Beitrag von rund zehn Milliarden Pfund zu zahlen während einer Übergangsfrist nach erfolgtem Brexit im März 2019, in der Großbritannien weiterhin in der Zollunion verbleibe. Das entspricht ungefähr dem jetzigen Nettobeitrag.

Johnsons Intervention fuhr einer solchen Kompromissbereitschaft in die Parade. „Wir würden nicht erwarten“, schrieb der Außenminister, „für Zugang zu ihren Märkten zu zahlen, ebenso wenig wie sie erwarten würden, für Zugang zu unseren Märkten zu zahlen.“

Der Grund für seinen scharfen Protest gegen Zahlungen an Brüssel findet sich gleich im nächsten Absatz seines Beitrags. Da schreibt Johnson: „Wir werden die Kontrolle zurückgewinnen über rund 350 Millionen Pfund pro Woche.“ Damit greift er ein berüchtigtes Versprechen auf, das er während des Referendums-Wahlkampfes machte: 350 Millionen Pfund würde der wöchentliche britische EU-Beitrag ausmachen, und den solle man doch besser in den staatlichen Gesundheitsdienst stecken. Tatsächlich beträgt der Beitrag, wie der Chef der britischen Statistikbehörde, Sir David Norgrove, klarstellte, aufgrund des Britenrabatts und der Rückflüsse weniger als die Hälfte. Johnson hatte es immer geärgert, dass er wegen der 350 Millionen als Lügner hingestellt wurde. Jetzt behauptet er diese Zahl einfach erneut.

Und er malte ein Bild von seinem Land nach dem Brexit, das von Optimismus nur so strotzt. „Millionen von Jobs werden verschwinden“, feiert er das Prinzip der kreativen Zerstörung, „aber Millionen neuer Jobs werden geschaffen.“ Man gewinne „regulatorische Freiheit“ zurück, könne Steuern kürzen und eine Einwanderungspolitik betreiben, „die zu Großbritannien passt“. Johnsons Vision einer „glorreichen Zukunft“ läuft auf ein Singapur am Westrand Europas hinaus: ein Land mit niedrigen Steuern und minimalen arbeitsrechtlichen, sozialen und umweltschützenden Standards, das sein Heil in einem Turbo-Kapitalismus sucht.