Berlin/Peking. Regime in Pjöngjang feuert erneut Rakete über Japan hinweg

Die Welt ist zunehmend besorgt, dass Nordkorea bald Atommacht werden könnte. Das international isolierte Land kommt mit Riesenschritten seinem Ziel näher, Mittel- und Langstreckenraketen zu entwickeln, die möglicherweise in naher Zukunft mit Nuklearwaffen bestückt werden können. Damit wächst die Nervosität bei den Nachbarstaaten Südkorea und Japan sowie bei deren Schutzmacht USA.

Am Freitagmorgen feuerte das Regime in Pjöngjang erneut eine Rakete von mehreren tausend Kilometern Reichweite über Japan hinweg. Das Geschoss flog nach dem Start 3700 Kilometer weit – die bisher größte Flugdistanz beim Test einer militärischen Rakete des Landes. Der Flugkörper stürzte nach dem Flug über die nördliche japanische Insel Hokkaido in den Pazifik. Nach ersten Angaben des US-Pazifikkommandos handelte es sich um eine Mittelstreckenrakete, wie sie Nordkorea bereits Ende Juli über Japan hinweg geschossen hatte.

Mit dem Test macht Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un deutlich, dass er trotz des internationalen Drucks keine Abstriche an seinem Atom- und Raketenprogramm machen will. Der UN-Sicherheitsrat wollte sich noch am Freitag in einer Dringlichkeitssitzung mit dem neuen Waffentest befassen. Die Sitzung war vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet.

Erst am Montag hatte der UN-Sicherheitsrat den sechsten und bisher größten Atomtest Nordkoreas vom 3. September mit neuen Sanktionen bestraft, ohne dass diese jedoch ein von den USA ursprünglich gefordertes Ölembargo umfassen. Nordkorea hatte nach eigenen Angaben eine Wasserstoffbombe getestet, mit der Interkontinentalraketen bestückt werden sollen. Die neue UN-Resolution sieht eine Deckelung von Öllieferungen an das Land und den Verbot von Textilexporten vor. Pjöngjang erklärte danach, von seinen Waffenprogrammen nicht abrücken zu wollen. US-Außenminister Rex Tillerson forderte China und Russland am Freitag auf, den Druck auf Nordkorea zu erhöhen. „China liefert Nordkorea den größten Teil seines Öls“, schrieb Tillerson. „Russland ist der größte Arbeitgeber für nordkoreanische Zwangsarbeiter.“

Peking und Moskau verurteilten zwar den Raketentest, drohten jedoch zunächst keine weiteren Konsequenzen an. Eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums betonte, es müsse auf eine friedliche und diplomatische Lösung gedrängt werden. Aus westlichen diplomatischen Kreisen ist zu hören, dass China versuche, den Konflikt herunterzukochen. Bei allem Ärger wird Nordkoreas Staatschef Kim durchaus als kluger und strategischer Kopf betrachtet. Zudem scheint sich Peking inzwischen damit zu arrangieren, dass Nordkorea kurz vor seinem Ziel der atomaren Bewaffnung steht. Es plädiert für Verhandlungen, bei denen über Modalitäten geredet wird, damit diese Waffen nicht eingesetzt werden.

Vergleichsweise moderate Töne kamen auch aus Moskau. Außenamtssprecherin Maria Sacharowa bekräftigte, der Raketentest sei nicht hinnehmbar. Zugleich warf sie den USA eine aggressive Rhetorik im Nordkorea-Konflikt vor. Südkorea und Japan reagierten hingegen empört auf den neuesten Raketentest. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg mahnte eine „globale Antwort“ an. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel nannte Nordkorea eine Bedrohung für den Weltfrieden und forderte eine rasche Umsetzung der erst kürzlich verschärften Sanktionen gegen das Land.

Inmitten der Spannungen um Nordkorea kündigte US-Präsident Donald Trump eine längere Asienreise im November an. Er will Südkorea, China und Japan besuchen sowie an einigen regionalen Gipfeltreffen teilnehmen. Es würden „zehn ziemlich geschäftige Tage“, so Trump. Die große Frage ist, ob dabei diplomatische Lösungen oder Militär-Optionen im Vordergrund stehen.