Berlin.

Auf den ersten Blick sind es nur nackte Zahlen. Doch dahinter stehen Familien, die nach Abzug der Miete nicht mehr wissen, wie sie über die Runden kommen sollen. Oder alte Menschen, die kein Geld mehr für das Nötigste haben: Vier von zehn Haushalten in Deutschlands Großstädten müssen mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens ausgeben, um ihre Miete zu bezahlen. Gut eine Million Haushalte in den 77 deutschen Großstädten müssen sogar mehr als die Hälfte ihrer Mittel für die Miete aufwenden, wie eine neue Studie der Berliner Humboldt-Universität im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung zeigt. Die Folge: Bei vielen bleibt nach Abzug der Miete nur noch ein Resteinkommen, das unterhalb der Hartz-IV-Regelsätze liegt.

Um Mieter zu entlasten und bezahlbare Wohnungen in den Innenstädten zu erhalten, fordern die SPD-Minister Barbara Hendricks und Heiko Maas deswegen für die nächste Wahlperiode eine weitreichende Reform des Mietrechts. „Wir wollen nicht, dass Menschen ihre Nachbarschaft verlassen müssen, weil sie sich die Wohnung nicht mehr leisten können“, schreiben die Bauministerin und der Verbraucherminister in einem gemeinsamen Positionspapier, das dieser Zeitung exklusiv vorliegt.

Ein Kernpunkt der Initiative ist die Verschärfung der 2015 eingeführten Mietpreisbremse für Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt: Vermieter sollen bei einer Neuvermietung jetzt verpflichtet werden, die Vormiete offenzulegen. Bei einer unzulässigen Mietsteigerung (mehr als zehn Prozent über dem Mietspiegel) soll der Mieter die zu viel gezahlte Summe zurückverlangen können. Der Hintergrund dafür ist: Viele Interessenten trauen sich derzeit nicht, bei ihrem Vermieter um Auskunft zu bitten, weil sie fürchten, sonst die ersehnte Wohnung nicht zu bekommen. CDU und CSU sperren sich bislang gegen eine solche Verschärfung. Statt „überbordender Regulierung“ will die Union vor allem den Wohnungsneubau verstärken.

Die Pläne der SPD-Minister gehen noch weiter: Mieterfreundlicher soll künftig auch die Festlegung des Mietspiegels geregelt werden. Um die örtliche Vergleichsmiete festzulegen, werden aktuell nur solche Wohnungen berücksichtigt, die in den letzten vier Jahre neu vermietet wurden. Eine Verlängerung auf acht Jahre „hätte den Vorteil, dass auch Mieten in den Mietspiegel einfließen, die über längere Zeiträume nicht geändert wurden“, heißt es im SPD-Papier. Der Effekt: Der örtliche Durchschnitt sänke, erlaubte Mietsteigerungen fielen geringer aus.

Obergrenze für Mieterhöhung nach einer Renovierung

Maas und Hendricks wollen darüber hinaus eine Obergrenze für Mietsteigerungen nach einer Renovierung einführen: „Die Miete soll infolge von Modernisierung um maximal drei Euro pro Quadratmeter innerhalb von acht Jahren erhöht werden können.“ Insgesamt sollen Vermieter künftig nur noch acht statt bisher elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Mieter umlegen dürfen. Härtefälle sollen besser geschützt werden.

Um den Kündigungsschutz für Mieter zu verbessern, fordern die beiden Minister, den Eigenbedarf als Kündigungsgrund neu zu regeln und rechtliche Lücken zu schließen. Zudem wollen sie verhindern, dass Mietern, die ihre Miete einmalig verzögert gezahlt haben, gekündigt werden kann. In Zukunft soll es die Möglichkeit geben, eine solche Verzögerung durch schnelle Nachzahlung auszugleichen.