Berlin. Die Parteien versprechen nach der Wahl zum Teil deutliche Entlastungen bei der Einkommensteuer. Familien stehen dabei im Mittelpunkt

Als Angela Merkel im Fernsehduell mit Martin Schulz gefragt wurde, wie stark sich die von CDU und CSU geplanten Steuersenkungen bei einer vierköpfige Familie mit 3500 Euro Monatsbrutto auszahlen würden, antwortete sie so ehrlich wie unkonkret. Sie könne das nicht genau sagen, sagte die Kanzlerin und CDU-Chefin. Es werde schon „eine bestimmte Größenordnung“ sein. Sie blieb damit ganz auf der Linie ihrer Partei: Die steuerpolitischen Pläne der Union sind sehr allgemein gehalten. Die anderen Parteien - mit Ausnahme der AfD – sind da konkreter. Wenn es einen gemeinsamen Nenner in den Versprechen gibt, dann ist es die Förderung von Familien mit Kindern. Die Programme im Überblick.

CDU und CSU versprechen: Es soll keine Steuererhöhungen geben, sondern eine Entlastung für alle. Die Einkommensteuer soll um 15 Milliarden Euro sinken, der Einkommensteuertarif „gerechter“ werden. Der aktuelle Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll erst bei 60.000 Euro Jahreseinkommen greifen und nicht schon bei 54.000 Euro wie heute. Das Kindergeld will die Union um 25 Euro pro Monat erhöhen, vielleicht um mehr. Der Solidaritätszuschlag soll ab 2020 schrittweise wegfallen. Wie sich das konkret auswirkt, haben Experten des Ifo-Instituts berechnet und damit einen „Steuerrechner“ gefüttert, der auf der Internetseite der „Frankfurter Allgemeinen“ zu finden ist. Mit einigen Annahmen, die nicht im Wahlprogramm auftauchen, ergibt sich beispielsweise, dass ein Single mit 30.000 Euro Jahreseinkommen bei der Union 744 Euro Steuern pro Jahr sparen würde. Mit 50.000 Euro Jahreseinkommen wären es 1425 Euro, mit 70.000 Euro schon 1637 Euro. Generell wollen CDU und CSU mittlere und höhere Einkommen entlasten. Den Staat kostet das laut Ifo 22 Milliarden Euro.

SPD-Kandidat Martin Schulz hatte im TV-Duell einige konkrete Zahlen genannt, aber zugleich auf einen wichtigen Punkt hingewiesen: Die größte Entlastung plant die SPD nicht bei der Einkommensteuer, sondern bei den oft mehr als 1000 Euro teuren Kita-Gebühren, die in allen Bundesländern wegfallen sollen. Auch die Krankenkassenbeiträge für Arbeitnehmer sollen sinken. Wie die Union verspricht die SPD ein Ende des Soli und eine „gerechtere“ Einkommensteuer. Sie will den heutigen Spitzensatz von 42 Prozent erst ab 60.000 Euro erheben – eine kleine Entlastung für mittlere Einkommen. Wer mehr verdient, den erwartet eine Steuererhöhung: Bei 76.200 Euro sollen 45 Prozent Einkommensteuer fällig werden, ab 250.000 Euro sollen es 48 Prozent sein. In der Berechnung des Ifo-Instituts gibt es für den Single mit 30.000 Euro Jahreseinkommen nur 75 Euro Entlastung. Bei 50.000 Euro sind es 391 Euro und bei 70.000 Euro 459 Euro Ersparnis. Ab 86.000 Euro zahlt der Single mehr Steuern als heute. Eine so gestaltete Steuerreform kostet den Staat laut Ifo nichts, sondern bringt eine Milliarde Euro Mehreinnahmen.

Die Linke setzt bei der Einkommensteuer die deutlichsten Akzente. Niedrige Einkommen werden durch einen höheren Grundfreibetrag entlastet – das ist das Einkommen, auf das keine Steuern gezahlt werden müssen. Die Linke will diesen Betrag von jetzt 8820 Euro auf 12.600 Euro anheben. Gutverdiener müssen dagegen deutlich mehr zahlen: Ab 70.000 Euro sollen 53 Prozent Einkommensteuer fällig werden und ab 260.500 Euro 60 Prozent. Der Single aus der Ifo-Rechnung wird damit bei 30.000 Euro Jahresbrutto um 1587 Euro entlastet. Bei 50.000 Euro sind es 1845 Euro und bei 70.000 Euro noch 787 Euro. Ab 77.000 Euro werden mehr Steuern fällig als heute. Kosten laut Ifo-Institut: 7,6 Milliarden Euro.

Die Grünen bleiben im Wahlprogramm in Steuerfragen noch unkonkreter als die Union. Wie die Linke wollen sie den Grundfreibetrag erhöhen, nennen aber keine Summe. Der Spitzensteuersatz soll auf 45 Prozent steigen und ab 100.000 Euro greifen. Unter der Annahme, dass der Grundfreibetrag 10.000 Euro beträgt, ergibt sich in der Ifo-Rechnung für einen Single über fast alle Einkommen eine Entlastung von 400 Euro. Ab 113.000 Euro steigt die Belastung im Vergleich zu heute. Familien sollen mit zwölf Milliarden Euro unabhängig vom Einkommen mit einer Kindergrundsicherung entlastet werden, die Kindergeld und -freibetrag ersetzt.

Die FDP verspricht mit mindestens 30 Milliarden Euro Entlastung am meisten – aber nur, wenn die Steuereinnahmen es hergeben. Die Einkommensteuer soll für alle Einkommen bis fast 60.000 Euro auf breiter Front sinken und regelmäßig der Inflation angepasst werden. Der Soli soll bis 2019 abgeschafft sein, Kinderfreibeträge sollen steigen. Der Single aus der Ifo-Rechnung wird bei 30.000 Euro Jahreseinkommen mit 587 Euro, bei 50.000 Euro mit 1059 Euro und bei 70.000 Euro mit 1214 Euro entlastet. Kosten für den Staat: 17 Milliarden Euro.

Die AfD will geringe und mittlere Einkommen entlasten, nennt aber keine Details für eine Berechnung.