Brüssel.

Die deutsche Wirtschaft zeigt sich zunehmend entnervt über die Linie Großbritanniens vor dem EU-Austritt 2019. „Der britischen Regierung fehlt weiterhin ein klarer Kurs“, kritisierte der Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Dieter Kempf, bei der Deutschen Presse-Agentur. Mit solch schlechten Voraussetzungen seien kaum Fortschritte bei der nächsten Brexit-Verhandlungsrunde zu erwarten, warnte Kempf. Großbritannien und die Europäische Union verhandeln von Montag bis Donnerstag in Brüssel erneut über den Brexit. Ziel ist letztlich ein Abkommen, um die Folgen des britischen EU-Austritts für Millionen betroffener Bürger und für die Wirtschaft so reibungslos wie möglich zu gestalten.

Doch kommen die im Juni begonnenen Gespräche kaum voran. Beide Seiten erwarten auch diese Woche kaum Fortschritte. Neue Verhandlungspapiere aus London treffen in Brüssel auf Vorbehalte. Kempf kritisierte die vor einigen Tagen vorgelegten britischen Ideen für ein künftiges Zollabkommen. „Die britischen Vorschläge zur Zollabwicklung sind mit unverhältnismäßig hohem bürokratischem Aufwand verbunden“, sagte der BDI-Chef. „Diese Ideen sind für Unternehmen praxisfern. Das Vereinigte Königreich muss endlich klare Aussagen zu den Austrittsmodalitäten treffen.“

Die britische Regierung drängt dagegen die EU-Seite, sich „flexibler“ zu zeigen. London will über Fragen der Trennung von der EU und über die künftigen Beziehungen beider Seiten gleichzeitig verhandeln. Die EU-Kommission will dagegen erst ihre Forderungen an Großbritannien durchsetzen, darunter britische Zahlungen von bis zu 100 Milliarden Euro für gemeinsam eingegangene Verpflichtungen. Die oppositionelle britische Labour Party forderte am Sonntag eine Übergangsperiode nach dem EU-Austritt, in der die grundlegenden Regeln der Beziehungen zur Union weitergelten sollen. Das beträfe beispielsweise die Zollunion.