Washington. US-Verteidigungsminister James Mattis kritisiert Russland für die Annexion der Krim. Schwere Waffen wird Washington vorerst nicht liefern

Seit zehn Jahren war kein amerikanischer Verteidigungsminister mehr in der Ukraine zu Besuch. Darum waren die Erwartungen besonders hoch, als der amtierende Pentagon-Chef James Mattis am Donnerstag zu den Feierlichkeiten am 26. Jahrestag der Unabhängigkeit von der Sowjetunion auf dem Maidan-Platz in Kiew eintraf. Aus Sicht der Gastgeber leider mit (fast) leeren Händen. Die seit Langem von der Regierung von Präsident Petro Poroschenko erbetenen Lieferungen von Panzer- und Raketenabwehrwaffen, die dem ukrainischen Militär im Kampf gegen die von Russland unterstützten Separatisten im Osten des Landes helfen könnten, fiel aus. Mattis sparte nicht mit deutlichen Worten an die Adresse des Kreml: „Wir wissen, dass Russland die internationale Landkarte mit Gewalt neu entwerfen möchte – und damit die Freiheit und Souveränität der europäischen Staaten untergräbt.“ Und er fügte hinzu, dass Amerika die russische Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim niemals anerkennen werde.

Er sagte aber lediglich zu, dass Washington Lieferungen schwerer Waffen „aktiv prüft“. Sein Besuch diene dazu, sich vor Ort einen Eindruck von der Lage zu verschaffen, um danach Außenminister Rex Tillerson und Präsident Donald Trump eine Empfehlung geben zu können. Während der Visite von Mattis, der eine Militärparade mit 4500 Vertretern der Streitkräfte besuchte, kam es in der von 7000 Polizisten gesicherten Innenstadt von Kiew zu einer Explosion, bei der zwei Menschen vor einem Regierungsgebäude verletzt wurden. Der Geheimdienst geht von Rowdytum aus.

Mattis defensive Haltung, was die Lieferung schwerer Waffen angeht, wurde in Kiew als Dämpfer verstanden. Obwohl der ehemalige Vier-Sterne-General, der zu den wichtigsten Stimmen in der Trump-Regierung gehört, anderweitige militärische Unterstützung im Volumen von 175 Millionen US-Dollar zusagte. Erst Anfang August waren in Washington Überlegungen im Pentagon öffentlich durchgesickert, durch eine Aufrüstung des ukrainischen Militärs die unveränderte Aggression Russlands einzudämmen. Moskau hält über prorussische Rebellen im Osten der Ukraine Gebiete teilweise besetzt und kämpft seit 2014 gegen ukrainische Soldaten. Dabei wurden mehr als 10.000 Menschen getötet. Das seit 2015 geltende Friedensabkommen von Minsk, an dessen Zustandekommen Berlin und Paris maßgeblich beteiligt waren, hat sich bisher nicht als zuverlässig erwiesen. Immer wieder werden nach Angaben internationaler Beobachter Verstöße vor allem der russischen Seite gemeldet. In US-Regierungskreisen hieß es dennoch, dass der just parallel zum bevorstehenden Beginn des Schuljahres zwischen den Konfliktparteien vereinbarte Waffenstillstand erst abgewartet werden müsse, „bevor weitere Schritte unternommen werden“.

Was Trump über die Ukraine denkt, ist nicht bekannt

Unklar ist Trumps Standpunkt. Zwar sind die Zeiten vorbei, in denen die ukrainische Regierung Befürchtungen haben musste, Trump könne auf Kosten der ukrainischen Souveränität mit Russlands Präsident Wladimir Putin einen „Deal“ schmieden. Klare Aussagen, wie weit Trump bei der Unterstützung
Kiews gehen würde, gibt es aber nach wie vor nicht. Lediglich der Kongress hat neulich per Gesetz Nägel mit Köpfen gemacht. Danach ist es Trump untersagt, die „illegale Annexion der Krim oder die Abspaltung irgendeines Teils der Ukraine durch militärische Gewalt anzuerkennen“.