Ankara/Athen. Der Fall Öksüz könnte zu neuen Spannungen zwischen Berlin und Ankara führen

Wo ist Adil Öksüz? Der 50-jährige islamische Geistliche wird wegen seiner angeblichen Beteiligung am Putschversuch gegen den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan gesucht. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu vermutet ihn in Deutschland und verlangt seine Auslieferung. Der Fall Öksüz könnte zu neuen Spannungen zwischen Ankara und Berlin führen. Die Türkei wirft der Bundesregierung vor, sie gewähre Putsch-Verdächtigen Schutz.

„Wir haben Deutschland eine diplomatische Note geschickt, wegen des Aufenthalts“ sagte Cavusoglu am Mittwoch dem staatlichen TV-Sender TRT Haber. Die letzten Bilder, die man in der Türkei von Adil Öksüz hat, stammen aus der Putschnacht am 15. Juli 2016. Sie wurden auf dem Luftwaffenstützpunkt Akinci nordwestlich von Ankara aufgenommen. Von hier starteten die F-16-Jets, die das Parlament und den Präsidentenpalast in Ankara bombardierten.

Die Aufnahmen zeigen den Zivilisten Öksüz inmitten von Luftwaffenoffizieren. Am Morgen nach dem Putschversuch wurde Öksüz von regierungstreuen Truppen auf der Luftwaffenbasis festgenommen. Ein Richter setzte ihn jedoch zwei Tage später auf freien Fuß. Öksüz hatte erklärt, er sei zufällig in der Nähe des Stützpunktes gewesen.

Seit seiner Freilassung ist Adil Öksüz verschwunden. Türkischen Geheimdiensterkenntnissen zufolge setzte er sich zunächst nach Armenien ab. Später wurde er angeblich in Deutschland gesehen. In der Türkei gehört Öksüz zu den meistgesuchten „Staatsfeinden“. Auf seine Ergreifung ist eine Belohnung von umgerechnet einer Million Euro ausgesetzt. Öksüz gilt als Vertrauter des Erdogan-Erzfeindes Fethullah Gülen, den die Regierung als Drahtzieher des versuchten Umsturzes betrachtet.

Der in der Türkei inhaftierte deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner bekommt am kommenden Mittwoch erstmals Besuch von dem deutschen Botschafter Martin Erdmann. Der Sprecher des Auswärtigen Amts sagte am Mittwoch, am kommenden Dienstag sei auch ein Besuch bei dem inhaftierten Journalisten Deniz Yücel geplant: Er wertete das als eine „symbolische Handlung“.