Berlin.

Der 19. Juli war kein besonders heißer Tag. 27,7 Grad Celsius betrug die Höchsttemperatur im Raum Munster, Niedersachsen. Und doch brach an diesem Tag ein Bundeswehrsoldat bei einem Marsch mit Waffe, Splitterschutzweste, Feldanzug und Helm in der Lüneburger Heide zusammen – nach nur drei Kilometern. Zehn Tage später starb er im Krankenhaus. Ebenfalls am 19. Juli brachen drei weitere Offiziersanwärter zusammen.

Fest steht: Alle vier erlitten laut Verteidigungsministerium einen Hitzschlag. Die Internetseite „Augen geradeaus!“ zitiert aus einem internen Bundeswehrbericht, dass bei den vier Soldaten „Körperkerntemperaturen“ von mehr als 40 Grad gemessen wurden. Doch die Ursache dafür ist noch nicht geklärt. Ein Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, wonach die Soldaten gemeinsam illegale Aufputschmittel eingenommen hätten, wurde vom Verteidigungsministerium nicht bestätigt. Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels, sagte: „Es ist ein ungewöhnlicher, mysteriöser Fall, wenn an einem Ausbildungstag mehrere Soldaten an einem Standort so schwer erkranken. Jetzt sollte man erst einmal die medizinischen Untersuchungen abwarten.“ Laut einem Sprecher des Verteidigungsministeriums habe einer der erkrankten Offiziersanwärter ausgesagt, er habe vor dem Marsch eine Dose eines Energydrinks getrunken. Ob das die Ursache für seinen Hitzschlag war, ist allerdings offen. Auch der Obduktionsbericht liegt noch nicht vor. Die Trauerfeier für den verstorbenen Soldaten fand an diesem Montag statt.

Unterdessen stellt sich die Frage: Gibt es womöglich einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von leistungssteigernden Substanzen und der schlechten körperlichen Fitness der Soldaten? Ein Bundeswehrarzt, der nicht mit Namen genannt werden möchte, vermutet, dass viele Soldaten, die nicht fit genug sind, Aufputschmittel nehmen, um die geforderten Leistungen zu bringen. Seit Längerem gibt es die Vermutung, dass es in der Bundeswehr Missbrauch von leistungssteigernden Mitteln gibt. Das Verteidigungsministerium bestätigt das nicht.

Dennoch stellt sich eine weitere Frage: Wie fit ist die Truppe? Das Verteidigungsministerium widerspricht der Behauptung, dass nach dem Ende der Wehrpflicht die Fitnessanforderungen gesenkt wurden, um überhaupt genug Soldaten rekrutieren zu können: So beträgt beispielsweise der maximal erlaubte Body-Mass-Index (BMI), also die Bewertung des Verhältnisses zwischen Größe und Gewicht, weiterhin 29,9. Das ist allerdings schon ein ziemlich hoher Wert: Einen BMI von 29,9 hat etwa ein 1,80 Meter großer Mann, der 97 Kilo wiegt.

Der Basis-Fitness-Test muss jedes Jahr absolviert werden

Der Basis-Fitness-Test für alle Rekruten besteht aus drei Teilen. Erstens: ein Sprinttest, bei dem elfmal zehn Meter in weniger als 60 Sekunden geschafft werden müssen, zwischendurch muss man sich fünfmal auf den Boden legen, die Hände müssen sich dabei hinter dem Rücken berühren. Zweitens: mindestens fünf Sekunden an einer Kimmzugstange halten, das Kinn muss dabei über der Stange sein. Drittens: Der Bewerber muss einen Kilometer in maximal sechs Minuten und 30 Sekunden laufen.

Bundeswehrsoldaten müssen diesen Test jedes Jahr absolvieren, sie sind also verpflichtet, sich körperlich einigermaßen gesund und fit zu halten. Die Ergebnisse dieses Sporttests stehen in den Beurteilungen der Soldaten: Wer fit ist, wird im Zweifel eher auf einen interessanten Posten befördert als ein ansonsten ebenso geeigneter Kandidat, der nicht fit ist. Ausnahmen gibt es bei IT-Experten, die die Bundeswehr verzweifelt sucht: Soldaten, die vor allem an Bildschirmen arbeiten, werden nach Einzelfallentscheidungen auch mit einem hohen BMI von 30 bis 35 akzeptiert. Den Basis-Fitness-Test müssen sie trotzdem bestehen.