Berlin.

Der Wanderurlaub in Südtirol ist vorbei, die Festspielbesuche in Bayreuth und Salzburg sind Geschichte. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich am Freitag im politischen Alltag zurückgemeldet – und musste sich gleich einem altbekannten Problem stellen: der Flüchtlingsfrage. Davor werde sie sich im Wahlkampf nicht drücken, versprach die Kanzlerin in ihrer ersten Pressekonferenz nach den Ferien. „Themen, die wir bearbeiten, werden wir nicht aus dem Wahlkampf heraushalten können und werden wir auch nicht aus dem Wahlkampf heraushalten wollen. Sie müssen besprochen werden“, sagte die CDU-Vorsitzende. Die Flüchtlingspolitik sei „ein Stück Arbeit, wo auch noch vieles vor uns liegt“.

Einer Lösung komme man Stück für Stück näher, versicherte Merkel. So sei die Situation am Brennpunkt Libyen heute besser als noch vor einem Jahr. „Aber es bleibt noch sehr, sehr viel zu tun.“ SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) hatten während Merkels Urlaub vor der Rückkehr der Flüchtlingskrise nach Europa gewarnt und dazu aufgerufen, das Thema im Wahlkampf nicht zu verschweigen. „Wer auf Zeit spielt und versucht, das Thema bis zur Bundestagswahl zu ignorieren, verhält sich zynisch“, hatte Schulz gesagt.

Bis zu 50 Millionen Euro für UNHCR und IOM pro Jahr

Zuvor hatte Merkel ein Treffen mit UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi und dem Generaldirektor der Internationalen Organisation für Migration, William L. Swing, zum derzeitigen Dauerthema europäischer und deutscher Politik. Bei der Bekämpfung der Flucht über das Mittelmeer von Afrika nach Italien setzt die Kanzlerin auf eine stärkere Zusammenarbeit mit Libyen. Es werde angestrebt, dort menschenwürdige Zustände in den Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen und ähnlich wie beim Abkommen zwischen der EU und der Türkei ein sogenanntes Resettlement für besonders schutzbedürftige Menschen zu ermöglichen, sagte sie. Dieser Prozess stehe noch am Anfang. „Aber er soll sich mit Blick auf Libyen genauso entwickeln, wie er sich im Blick auf die Türkei einmal entwickelt hat“, sagte Merkel. Das Abkommen mit der Türkei sieht vor, dass irregulär über das Meer nach Europa kommende Flüchtlinge wieder in die Türkei zurückgeschickt werden, die EU aber umgekehrt rechtmäßig Asylsuchende aufnimmt.

Merkel schränkte jedoch ein, in Libyen stehe man vor einer ganz anderen Situation als in der Türkei. Die Einheitsregierung habe nicht die Hoheit über das ganze Land. Der parallele Prozess zur Schaffung einer vollständigen Einheitsregierung mit Kontrolle über das ganze Land sei daher von großer Wichtigkeit.

Swing erläuterte, die Sicherheitslage in Libyen habe sich gebessert. Für seine Organisation seien inzwischen wieder 150 Mitarbeiter vor Ort. Merkel stellte dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und IOM für deren Arbeit in Libyen eine größere finanzielle Unterstützung in Aussicht. Sie sprach von bis zu 50 Millionen Euro für beide Organisationen pro Jahr.

Ihren Arbeitstag begonnen hatte die Bundeskanzlerin mit einem Besuch in der Stasiopfer-Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen. Dort hatte sie gemahnt, das DDR-Unrecht nicht zu vergessen. Der Bund werde sich weiter engagieren, um die Erinnerung an solchen authentischen Orten wie Hohenschönhausen offen zu halten, sagte Merkel am Freitag kurz vor dem 56. Jahrestag des Mauerbaus. „Wir können nur eine gute Zukunft gestalten, wenn wir uns der Vergangenheit annehmen.“ Mit Blick auf den Mauerbau vom 13. August 1961 sagte die Kanzlerin, es sei wichtig, sich kraftvoll für Demokratie und Freiheit einzusetzen sowie gegen Linksradikalismus zu arbeiten. Das könne nicht negiert werden. Merkel legte zusammen mit einem früheren Häftling am Gedenkstein für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft einen Kranz nieder. Zuvor informierte sie sich bei einem Rundgang. Die Kanzlerin wurde von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) begleitet.

In dem Gefängnis des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit waren von 1951 bis 1989 mehr als 11.000 Menschen eingesperrt. Auch Oppositionelle wie Bärbel Bohley, Jürgen Fuchs, Ulrike Poppe oder Freya Klier waren in Hohenschönhausen inhaftiert.