Caracas . In Venezuela spitzt sich die Lage zu: Abgeordneten wird der Zugang verwehrt

In Venezuela scheint das Parlament endgültig entmachtet. Nachdem Militäreinheiten das weitläufige Gebäude der Nationalversammlung abgeriegelt hatten und Abgeordneten der Zugang verweigert worden war, kam die von Staatschef Nicolás Maduro initiierte Verfassungsgebende Versammlung am Dienstag in dem Saal zu einer Sitzung zusammen, in dem bisher das von der Opposition dominierte, legal gewählte Parlament tagte. Zuvor hatte die am Freitag installierte Versammlung zwar in dem Gebäude getagt, aber in einem anderen Saal.

Abgeordnete berichteten, das sich Soldaten in der Nacht zu Dienstag Zutritt zu den bisherigen Räumlichkeiten des Parlaments verschafft hätten, damit die Sitzung der Verfassungsversammlung vorbereitet werden konnte. Sie hat als übergeordnetes Staatsorgan das Parlament de facto entmachtet. Dennoch tagte das reguläre Parlament am Montag noch in dem Gebäude. Es erkennt Entscheidungen der von linientreuen Sozialisten dominierten Versammlung nicht an. „Diese Regierung dringt in Räume ein, die sie nicht auf legitime Weise gewinnen kann“, sagte der Fraktionschef der Opposition, Stalin González.

Nach der Eskalation in Venezuela erheben die Vereinten Nationen schwere Gewalt- und Foltervorwürfe gegen die Regierung von Präsident Maduro. Bei den Protesten sei es zu unverhältnismäßiger, systematischer Gewalt gegen Demonstranten gekommen. Experten hätten zudem willkürliche Verhaftungen, Folter und gewalttätige Hausdurchsuchungen festgestellt. „Diese Verstöße sind inmitten des Zusammenbruchs der Rechtsstaatlichkeit in Venezuela aufgetreten“, sagte UN-Menschenrechtskommissar Said Raad al-Hussein.

Seit Ausbruch der Proteste im April starben über 120 Menschen. Nach einer UN-Analyse sind Sicherheitskräfte für zumindest 46 und Pro-Regierungstruppen für 27 Todesopfer verantwortlich. Maduro hatte angekündigt, 500.000 Milizionäre bewaffnen zu lassen.

Unterdessen ging das Aburteilen von Gegnern Maduros am Dienstag weiter. Ramón Muchacho, Bürgermeister von Chacao, einem Stadtteil von Caracas, wurde vom Obersten Gerichtshof seines Amtes enthoben und zu 15 Monaten Haft verurteilt. Als Begründung hieß es, Muchacho habe in Chacao Straßenblockaden gegen Maduro nicht unterbunden.