Berlin.

In Brandenburg und Berlin wird bereits plakatiert – der Rest der Republik folgt nächste Woche. So ist auch die CDU-Kampagne getaktet: Plakatvorstellung in Berlin, am Sonnabend steht in Dortmund – in der Herzkammer der Sozialdemokratie – der Wahlkampfauftakt von Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel an. Zeitgleich rollt die erste von drei Wellen mit Großflächenwerbung – 22.000 Plakate.

Die Ausgangslage ist laut Generalsekretär Peter Tauber „gut“, weil seine Partei in Umfragen bei 40 Prozent, damit deutlich vor der SPD liege und 70 Prozent der Deutschen mit der Arbeit der Kanzlerin zufrieden seien. Er preist seine Chefin als kompetent, glaubwürdig, sympathisch, standhaft. Auswirkungen der Niedersachsen-Wahl auf den Bund sieht er nicht, dürfte aber froh sein, dass beide Wahlen nicht auf einen Termin fallen. Das macht seinen Job leichter. Natürlich hat er gelesen, dass FDP-Chef Christian Lindner das Rennen um Platz eins für gelaufen hält. „Für uns ist klar“, widerspricht Tauber, „die Wahl ist noch nicht gelaufen.“

Zu gern schmückt sich Merkel mit Macron und Trudeau

An die Kreisverbände wurden 300.000 kleinere Plakate ausgeliefert. Es gibt sie mit sechs Motiven: fünf Sachaussagen und ein Merkel-Porträt. Dazu kommen zwei Broschüren, eine Kurzfassung des Wahlprogramms und eine Art politisches Poesiealbum: kurze Texte gepaart mit Fotos der Kandidatin in Arbeitsuniform. Sie hat selbstredend die Hosen an und trägt den üblichen Blazer mit drei Knöpfen in vielen Pantone-Farben: rosa, rot, blau, grün, türkis, gelb. Auf einem Foto sieht es aus, als wäre er aus Leinen; ein Stoff, den sie mag, aber meidet, weil es bei ihr knittert, was Merkel ärgert, wie sie der „Brigitte“ verriet.

Bei Frauen schaut man mehr auf das Aussehen als bei Männern. Das ist ein Vorurteil – und gleichzeitig ein Fakt. Merkel ist die meistfotografierte Frau des Landes, vielleicht gehört es sogar zur Strategie, in den Wirren der Zeit auch optisch eine wiedererkennbare Größe zu sein. Politisch ist sie es längst.

Kein Zufall ist es, dass sie ihren Amtsbonus nutzt und sich mit Staatsmännern zeigt, am liebsten an der Seite von smarten Jungs: ein großes Bild mit dem kanadischen Premier Justin Tru­deau, vier Aufnahmen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Trudeau ist 45 und Macron 39 Jahre alt.

Merkels Wähler sind grau. Sie sind laut einer Studie des Forschungsinstituts YouGov über 60 und offen für sozialdemokratische Positionen. Wie Merkel. Ein Großplakat der CDU zeigt einen Schreiner, der Holz schleift, der Slogan dazu lautet: „Für gute Arbeit und gute Löhne“. Das könnte auch von der SPD sein, die sich ebenfalls „gute Arbeit“ auf die Fahnen geschrieben hat. Realität ist sie noch nicht. Laut einer aktuellen Meldung war fast jeder vierte abhängig Beschäftigte Ende 2016 ein Mini-Jobber. Die CDU will mit dem Plakat nach Taubers Darstellung ein Ziel illustrieren: Vollbeschäftigung bis 2025. Das sei zwar ehrgeizig, aber realistisch.

Ein zweites Plakat hat die Familie als Motiv, und das dritte zeigt zwei Polizisten, denen die CDU den Rücken stärken will, weil sie „für uns stark sind“. Die Partei tritt in ihrem Programm für 15.000 zusätzliche Stellen bei der Polizei ein. Genauso viele versprechen auch die Sozialdemokraten. Laut YouGov ist der Schutz vor Kriminalität und Terror das wichtigste Thema für CDU-Wähler.

Mit 85 Prozent unterschreiben auch überdurchschnittlich viele von ihnen den Satz „Ich bin stolz, deutsch zu sein“. Deswegen ist es gewiss kein Zufall, dass drei Farben in der Werbung dominieren: Schwarz, Rot, Gold. Die Farbgebung ist wie die Musik in Filmen: Man achtet nicht immer darauf, die Botschaft wird unterschwellig vermittelt – die CDU ist die Partei der Leitkultur.

Die Botschaft, die alle Plakate und Broschüren verbindet, der rote Faden, lautet: „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben.“ Es ist gerade zwei Jahre her, dass Merkels Regierung eine Veranstaltungsreihe unter dem Motto „Gut leben in Deutschland – was uns wichtig ist“ organisiert hat. Schon damals stand die Lebensqualität im Fokus. Der Etat für die CDU-Kampagne beträgt 20 Millionen Euro. Hinzu kommt der Wahlkampf der CSU in Bayern. Bei ihr ist alles geheim, Plakate wie Etat. Aber erfahrungsgemäß lässt sich die CSU ihre Kampagnen im Freistaat viel kosten, schätzungsweise die Hälfte des CDU-Etats, zehn Millionen Euro, gilt als realistische Größenordnung. Auch die bayerische Schwester wird Merkel groß plakatieren. Die Hauptbotschaft wird leicht variiert. Der Slogan der CSU lautet „klar“: für Stabilität (mit Merkel), für Sicherheit (Spitzenkandidat Joachim Herrmann) bzw. für unser Land (Ministerpräsident Horst Seehofer).

Merkel wird bundesweit gut 60 Auftritte absolvieren, darunter drei in Bayern mit Herrmann, der – für den Fall eines Wahlsieges – schon als künftiger Innenminister gehandelt wird. Drei Fixpunkte in ihrem Kalender sind die zwei Diskussion mit Bürgern im Fernsehen am 20. August und 11. September, das sogenannte Townhall-Format, sowie das TV-Duell mit Herausforderer Martin Schulz am 3. September, das die heiße Phase des Wahlkampfes einläutet.

Den Entwurf eines Programms musste Tauber noch Kanzleramtschef Peter Altmaier überlassen – die Kampagne zu „verkaufen“, ist seine Domäne. Der Generalsekretär ist in diesen Wochen selten im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin anzutreffen. Er unterstützt persönlich 50 Kandidaten vor Ort beim Haustür-zu-Haustür-Wahlkampf, sein Steckenpferd. Tauber empfindet den Wahlkampf als „Marathonlauf“ und die nächsten Wochen als großes Finale: „Wir sind für den Endspurt bereit.“

Cyber-Attacken, Fake News? Sorgen bislang nicht bestätigt

Ansonsten hat sich im Vergleich zu früheren Kampagnen nicht viel geändert, mit einer Ausnahme: Online und Offline seien „nicht mehr klar zu trennen“. Internet und soziale Netzwerke spielen eine große Rolle, der Fortschritt ist, dass man beides zusammen denkt. Noch zu Jahresanfang war vielfach vor ausländischen Mächten gewarnt worden, die womöglich den Wahlkampf mit Fake News und anderen Kampagnen beeinflussen, mit Cyber-Attacken stören könnten. „Bis jetzt scheint es das nicht gegeben zu haben“, sagt Tauber vorsichtig. Er will den Tag nicht vor dem (Wahl-)Abend loben, schließlich erfolgte in Frankreich eine Cyber-Attacke am Wahlwochenende. „Man muss“, sagt er, „das weiter aufmerksam beobachten.“