Berlin.

Knappe Mehrheiten bergen immer eine Gefahr: Wenn Abgeordnete ihrer Partei den Rücken kehren, sind sie schnell verloren. Da ist Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil bundes- und landesweit kein Einzelfall. So führte 1972 die von der sozialliberalen Bundesregierung unter Willy Brandt (SPD) eingeleitete Ostpolitik zu Differenzen in der Koalition. Insgesamt sechs SPD- und FDP-Abgeordnete treten in die CDU ein, im Bundestag kommt es zu einem Patt: SPD/FDP und CDU/CSU haben jeweils 248 Mandate. Als erster Kanzler stellt Brandt im September die Vertrauensfrage und verliert, der Bundestag wird vorzeitig aufgelöst. Bei der Neuwahl erringen SPD und FDP wieder eine Mehrheit.

Auch in Niedersachsen war es schon einmal spannend: Der Fraktionsaustritt eines CDU-Abgeordneten kostet 1989 die CDU/FDP-Koalition unter Ministerpräsident Ernst Albrecht ihre Ein-Stimmen-Mehrheit im Landtag. Die Patt-Situation (CDU/FDP 77 Mandate, SPD/Grüne 77) löst sich aber bald wieder auf: Auch ein kurz zuvor nachgerückter SPD-Abgeordneter verlässt seine Fraktion.