Washington. Machtkampf im Weißen Haus spitzt sich zu: Anthony Scaramucci muss nur zwei Wochen nach seiner Ernennung gehen

Mit diesem Antrittsgeschenk von Donald Trump für seinen neuen Stabschef hatten die wenigsten gerechnet. John Kelly, bis zum Wochenende noch an der Spitze des Heimatschutzministeriums, war erst wenige Stunden im Amt, da kam der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika schon seinem ersten Wunsch nach: Er feuerte den erst vor wenigen Tagen eingestellten Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses, Anthony Scaramucci.

Der 53-jährige ehemalige Wall Street-Investor, klein an Statur aber mit einem großen Ego ausgestattet, hatte mit einer vulgären Tirade das Ende von Kellys Vorgänger Reince Priebus eingeläutet. Für den 67-jährigen ehemaligen Vier-Sterne-General, der ab sofort das Weiße Haus als Quasi-Geschäftsführer leiten wird, war der Störenfried Scaramucci untragbar. Trump räumte ihn umgehend aus dem Weg und stellte damit erneut unter Beweis, dass Loyalität gegenüber führenden Mitarbeitern für ihn kein Muss ist. In einer offiziellen Stellungnahme des Weißen Hauses hieß es, der New Yorker mit italienischen Wurzeln habe selbst den Hut genommen, um für Kelly „reinen Tisch“ zu machen und ihm den Aufbau eines eigenen Teams zu ermöglichen.

Die Personalie ändert nichts daran, dass Kelly auf dem zurzeit gefährlichsten Schleudersitz Washingtons Platz genommen hat. Von seinem Verhandlungsgeschick wird maßgeblich abhängen, ob die nach Leistungsbilanz und Wählerzufriedenheit stark kränkelnde Regierung die Trendwende schafft oder vor den wichtigen Zwischenwahlen im Kongress 2018 weiter absackt. Kellys Ausgangsposition zum Start ist ungünstig, auch wenn Trump ihn seinen „großen Star im Kabinett“ nennt.

Das Weiße Haus mit seinen vielen konkurrierenden Machtzentren, die von Trump bewusst installiert wurden, hat sich in den ersten sechs Monaten als „Schlangengrube“ erwiesen, schreibt das Magazin „Politico“. Die Zahl der Einflüsterer drastisch zu senken, die Trump bei jedwedem Thema morgens A) und abends B) vorschlagen, wird darum Kellys wichtigste Aufgabe sein, soll sein Einstellungszweck erfüllt werden: Regierungspolitik effektiv zu bündeln und gemeinsam mit dem republikanisch dominierten Kongress unfallfrei umzusetzen. „Die Mega-Pleite bei der Gesundheitsreform darf sich nicht wiederholen“, sagen konservative Abgeordnete, „sonst verlieren wir alles.“

Wie Kelly, der im Irak-Krieg Truppen befehligte und vor seinem Wechsel an die Spitze des Heimatschutzministeriums hohe Kommando-Posten an der Südflanke Amerikas ausfüllte, das Misstrauen zwischen Weißem Haus und republikanischer Partei überwinden will, ist US-Beobachtern schleierhaft.

Der auf militärische Befehlsketten geeichte Sohn einer Arbeiterfamilie aus Boston hat keinen politischen Stallgeruch und keine Netzwerke im Kongress. Außerhalb von Trumps Leib-und-Magen-Themen der nationalen Sicherheit (islamistischer Terrorismus, Banden-Kriminalität made in Lateinamerika, Grenzsicherung) ist der Vater eines in Afghanistan gefallenen Soldaten noch nicht als konstruktiver Stichwortgeber aufgefallen. „Woher wird er die Autorität nehmen, das Arbeitsprogramm des Weißen Hauses zu strukturieren?“, fragt ein Analyst im Sender CNN.

Was bleibt, ist die Kelly nachgesagte Fähigkeit, „auch unter hohem Druck vereinbarte Ergebnisse zu produzieren“, sagen Fachleute in der Denkfabrik Cato. Unsicherheitsfaktor: In einem politischen Erdbebengebiet wie dem Weißen Haus mit Trump als Epizentrum sind Stabilisierungsversuche kompliziert. Kelly müsste dauerhaft gelingen, Trumps Bereitschaft einzudämmen, ständig die Ellenbogen auszufahren, auf Twitter wie im echten Leben faktenfrei vom Leder zu ziehen und Kritiker mit Häme zu überschütten. Kelly müsste Manns genug sein, Trump ins Gesicht zu sagen, dass sein bislang zerstörerischer Zickzack-Kurs die Präsidentschaft gefährdet und Amerika abträglich ist.