Wuppertal. Familie wollte in Heimaturlaub. Mehrheit der Deutschen für Sanktionen gegen Ankara

Ein 45 Jahre alter türkischer Familienvater aus Wuppertal-Elberfeld ist bei der Einreise in die Türkei wegen des Vorwurfs der Präsidentenbeleidigung festgenommen worden. Dem Mann wird zur Last gelegt, sich in einem Facebook-Post kritisch über den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan geäußert zu haben, wie mehrere Medien übereinstimmend berichteten. Die Stadtverwaltung Wuppertal habe von dem Vorfall gehört, habe aber keine Möglichkeit, auf das Verfahren Einfluss zu nehmen, sagte eine Sprecherin.

Der 45-Jährige, der mit seiner Familie zum Sommerurlaub in die Türkei fahren wollte, kam für einen Tag in Untersuchungshaft und darf das Land nun bis auf Weiteres nicht mehr verlassen. Ihn erwartet ein Prozess in der Türkei. Der Mann bestreitet den Vorwurf. Sein Handy sei ihm gestohlen worden, wie er dem Westdeutschen Rundfunk sagte.

Die Stadtverwaltung Wuppertal erklärte, dass man über einen Bekannten des Inhaftierten Kontakt zu der Familie halte. Die Familie ist nach Medienangaben bei der Großmutter untergekommen, einmal in der Woche muss sich der Familienvater bei den Behörden in der Provinz melden. Laut der Sprecherin muss die Familie zunächst nicht um ihre Aufenthaltserlaubnis fürchten, wenn der Mann länger als sechs Monate aus Deutschland abwesend ist. Es gebe einen Ermessensspielraum, den die Stadt zugunsten der Familie auslege. Sollte die Ehefrau mit den Kindern nach Wuppertal zurückkehren, während der Familienvater in der Türkei bleiben müsse, könnte gegebenenfalls das Jobcenter für den dann fehlenden Unterhalt der Familie aufkommen.

Das Auswärtige Amt ist in dem Fall nicht zuständig, weil es sich nicht um einen deutschen Staatsangehörigen handelt. Erst in der vergangenen Woche hatte das Außenministerium die Reisehinweise für die Türkei verschärft und darauf hingewiesen, dass auch kein Deutscher vor Festnahmen und Verhaftungen in der Türkei sicher sei.

Eine große Mehrheit der Deutschen befürwortet wirtschaftliche Sanktionen gegen die Türkei. Vier von fünf Bundesbürgern (80 Prozent) sind der Meinung, dass sich die Bundesregierung angesichts der Verhaftungen von Menschenrechtlern für Wirtschaftssanktionen gegen die Türkei einsetzten sollte, wie aus einer am Freitag in Köln veröffentlichten ARD-Umfrage hervorgeht. Lediglich 16 Prozent sind anderer Meinung.

Mit Blick auf die aktuelle Situation sorgen sich 81 Prozent der Deutschen um die Demokratie in der Türkei. Das seien aber acht Prozentpunkte weniger als bei einer Befragung im Februar, hieß es. Gespalten sind die Deutschen in der Frage, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) alles dafür tun sollte, das Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei zu retten: Dafür sind 45 Prozent, dagegen 47 Prozent.