Berlin.

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, dringt auf eine grundlegende Überarbeitung der europäischen Asylregeln. Das Dublin-Abkommen müsse ernsthaft reformiert werden, sagte Tajani dieser Redaktion. In ihrer jetzigen Form bürdeten die Dublin-Bestimmungen „den Erstaufnahmestaaten eine unverhältnismäßige Last auf“. Außerdem ließen die Regeln den Mitgliedstaaten zu viel Spielraum bei der Umsetzung. Das Dublin-Abkommen sieht vor, dass derjenige Staat für die Bearbeitung von Asylanträgen zuständig ist, in dem ein Flüchtling zuerst EU-Territorium betritt.

Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Grundsatzurteil die geltenden EU-Asylregeln bestätigt. Abweichungen davon während der Flüchtlingskrise 2015 waren demnach trotz der Ausnahmesituation in Ländern wie Kroatien nicht zulässig, entschieden die Luxemburger Richter.

Das Asylsystem müsse effektiver werden, forderte Tajani. „Wir müssen Menschen, die asylberechtigt sind, genauso entschlossen aufnehmen wie wir illegale Zuwanderung bekämpfen.“ Zugleich müssten die Rückführung abgelehnter Asylbewerber beschleunigt und die Verhandlungen mit Drittstaaten über Rückführungsabkommen vorangetrieben werden. Darüber hinaus rief der Parlamentspräsident dazu auf, die beschlossene Umsiedlung von Asylbewerbern aus Griechenland und Italien nicht länger zu blockieren. „Mitgliedstaaten sollten aufhören, eine Lösung zu verzögern“, sagte Tajani. „Solidarität erfordert Handeln, nicht nur Worte.“

Auch die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt forderte ein „neues Denken“ in der Flüchtlingspolitik. Deutschland müsse innenpolitisch dauerhaft tragende Strukturen mit ausreichend Personal und effizienten Verfahren unter Einbeziehung der vielen Ehrenamtlichen schaffen, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Papier. Außenpolitisch sei mehr Engagement nötig, um Geflüchteten auch jenseits einer Flucht nach Deutschland Alternativen anzubieten. Erforderlich seien unter anderem sichere Fluchtwege nach Europa und mehr Unterstützung für Erstaufnahme- und Transitländer.