Berlin.

Nach der Warnung vor einer neuen Flüchtlingskrise hat CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz kritisiert: „Da redet einer von einem neuen Flüchtlingsstrom, der selbst alle Maßnahmen zur Begrenzung abgelehnt und bekämpft hat“, sagte Scheuer der „Passauer Neuen Presse“. „Mehr Abschiebungen, mehr sichere Herkunftsstaaten, Grenzkontrollen und Transitzonen – das alles haben SPD und Martin Schulz vehement blockiert.“ Schulz rede „total unglaubwürdig und unseriös“ daher. „Seine Warnung ist wohl ein Eigenappell“, sagte Scheuer der Zeitung.

FDP-Chef Christian Lindner nannte Schulz’ Warnung vor einer neuen Flüchtlingskrise ein Wahlkampfmanöver. „Die SPD sucht nach Themen“, sagte er den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“. Mit Blick darauf, dass die SPD die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel in der großen Koalition mitgetragen habe, bezeichnete Lindner Schulz’ Vorstoß als „überraschend und wenig glaubwürdig“. Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach verwies in der Zeitung auf die Bedeutung der Bekämpfung von Fluchtursachen. „Mich wundert sehr, dass all dies Herrn Schulz bislang verborgen geblieben ist.“

Anders als Schulz sieht auch der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber derzeit keine drohende Flüchtlingskrise. Wenn man die Zahlen anschaue und mit denen von 2015 vergleiche, seien die 100.000 Flüchtlinge, die zurzeit in Italien seien, noch beherrschbar, sagte er im Bayerischen Rundfunk.

Der stellvertretende Vorsitzende der Linke-Fraktion im Bundestag, Jan Korte, bemängelte, dass die SPD in der Bundesregierung vier Jahre lang Zeit für die Durchsetzung europäischer Lösung­en für die Aufnahme von Geflüchteten gehabt habe und damit gescheitert sei. „Dass Martin Schulz jetzt zwei Wahlkampfmonate über die Flüchtlingskrise reden will, ist deshalb vor allem ein Eingeständnis des eigenen Versagens.“

Beifall und zugleich Kritik hat Schulz von der AfD bekommen. „Schulz hat erkannt, dass es nicht möglich sein wird, die fortgesetzte massenhafte illegale Einwanderung nach Europa bis zum 24. September totzuschweigen“, erklärte AfD-Vize Alexander Gauland am Montag. Die Krise müsse Bestandteil des Wahlkampfs sein. „Da hat Martin Schulz ausnahmsweise mal recht“, so Gauland.

Gleichzeitig sei sein Vorstoß aber ein „verzweifelter Versuch“. „Waren es doch seine Genossen in Parlament und Regierung, die die katastrophale Situation in Deutschland und Europa mit herbeigeführt haben.“ Daher sei der Vorstoß auch nicht glaubwürdig.

Auch AfD-Bundesvorstandsmitglied André Poggenburg kritisierte den SPD-Vorsitzenden: „Die SPD hat sich die letzten Jahre als Asylkrisen-Katalysator erwiesen, ihre Funktionäre haben sich gegenseitig bei Willkommensrufen förmlich überboten“, erklärte er. Das Thema sei zu ernst, um es „im Wahlkampf billig zu vermarkten“.

Unterstützung bekam Schulz aus den eigenen Reihen: Es sei absolut richtig, dass er das Thema auf die Tagesordnung setze, erklärte Matthias Miersch, der Sprecher der Parlamentarischen Linken der SPD-Fraktion. „Jeden Tag ertrinken Menschen im Mittelmeer, Italien bittet um Hilfe, und Angela Merkel will das, wie immer, einfach aussitzen.“

Mit Blick auf die steigende Zahl von Flüchtlingen, die derzeit über das Mittelmeer nach Europa kommen, hatte Schulz die Situation als „hochbrisant“ bezeichnet. „Wenn wir jetzt nicht handeln, droht sich die Situation zu wiederholen“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Schulz will am Donnerstag mit Italiens Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni über die Lage sprechen.