Seoul/Rom.

Im abgeschotteten Nordkorea droht nach Einschätzung von UN-Experten infolge der schwersten Dürre seit 16 Jahren eine Verschärfung der ohnehin schwierigen Versorgungslage. Die Produktion von Nutzpflanzen sei durch die Dürre „schwer geschädigt“, hieß es am Freitag in einem Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) in Rom. In den nächsten drei Monaten seien größere Nahrungsmittelimporte oder -spenden erforderlich, um besonders hilfsbedürftige Menschen wie Kinder und Ältere ausreichend versorgen zu können.

Von April bis Juni sei in den wichtigsten Anbaugebieten sogar weniger Regen gefallen als im vergleichbaren Dürrejahr 2001, als die Getreideproduktion auf fast zwei Millionen Tonnen Reis gesunken war. Die Frühernte im Juni, darunter von Weizen, Gerste und Kartoffeln, ging dem Bericht zufolge bereits um 30 Prozent zurück. Zwar habe der Regen im Juli einige Erleichterung gebracht, doch hätten die Niederschläge vermutlich zu spät eingesetzt, um eine normale Entwicklung der Pflanzen zu erlauben.

Nutzpflanzen sind laut FAO während der ohnehin schwierigen Zeit von Mai bis September eine wichtige Versorgungsquelle für die Nordkoreaner. Das wirtschaftlich marode, aber militärisch hochgerüstete Land mit mehr als 25 Millionen Einwohnern ist nach mehreren Naturkatastrophen und aufgrund der eigenen Misswirtschaft seit vielen Jahren auf Nahrungshilfe von außen angewiesen. Nach Angaben des Welternährungsprogramms (WFP) ist die Ernährungssicherheit für etwa 70 Prozent der Bevölkerung gefährdet. Staatschef Kim Jong-un provoziert westliche Länder immer wieder durch Atom- und Raketentests, was wiederum die Verhängung von Sanktionen zur Folge hatte.

Der für Nordkorea zuständige FAO-Repräsentant Vincent Martin forderte sofortige Hilfen für Bauern, auch in Form von Geräten und Material für Bewässerung. Seit dem Zusammenbruch des Sozialismus in Osteuropa Ende der 80er-Jahre kam es in dem Land immer wieder zu Hungersnöten. Am schlimmsten war die Ernährungskrise 1996/97 infolge von Dürren, Überschwemmungen und starrer Staatswirtschaft. Nach offiziellen Angaben starben damals 200.000 Menschen, nach Schätzungen ausländischer Experten bis zu drei Millionen.