Berlin.

Die Lage auf dem Mittelmeer könnte bald noch unübersichtlicher werden. Neben europäischen Marineschiffen und Hilfsorganisationen, die Flüchtlinge aus Seenot retten, sind nun auch Rechtsextreme unterwegs ins Mittelmeer. Unter dem Namen „Defend Europe“ haben sich „Identitäre“ aus Deutschland, Österreich, Italien und Frankreich zusammengeschlossen. Ihr Ziel: Flüchtlinge im Mittelmeer auf dem Weg nach Europa zu stoppen.

Per Crowdfunding hatte die Gruppe zuletzt über das Internet Spenden gesammelt, um ein Schiff zu chartern. Seit vergangener Woche ist ein Teil von ihnen nun auf dem Weg aus der ostafrikanischen Republik Dschibuti Richtung Mittelmeer. Aktuell befindet sich das Schiff im Bereich des Suezkanals. Zunächst steuern die Rechten Sizilien an, um dort weitere „Identitäre“ an Bord zu nehmen. Danach will die Gruppe in den internationalen Gewässern vor der libyschen Küste unterwegs sein.

„Wir wollen uns, wenn es notwendig ist, an Rettungsmaßnahmen im Mittelmeer beteiligen“, sagte Daniel Fiß, einer der Köpfe der „Identitären Bewegung“ in Deutschland, dem Deutschlandfunk. „Wir werden es eben nicht wie die NGOs machen, dass wir den viel zu weiten Weg nach Italien fortsetzen werden, sondern, dass wir eben dort mit der libyschen Küstenwache kooperieren werden“, so Fiß weiter.

Die „Identitäre Bewegung“ wird wegen ihrer völkischen Ideologie vom Verfassungsschutz beobachtet und als rechtsextrem eingestuft. Die Gruppe macht immer wieder durch medienwirksame Aktionen auf sich aufmerksam. Laut Verfassungsschutz zählt sie in Deutschland aber nur rund 300 Mitglieder.

Hilfsorganisationen kritisieren Aktion – und bleiben gelassen

Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die auf dem Mittelmeer Flüchtlinge aus Seenot retten, haben keine Angst vor Störaktionen der Rechten. „Wir sehen dem gelassen entgegen“, sagte der Sprecher von Sea-Watch, Ruben Neugebauer. „Sollten sie Rettungsaktionen von uns behindern, werden wir sofort Anzeige erstatten.“ Dass die „Identitären“ Flüchtlinge an die libysche Küstenwache übergeben könnten, glaubt Neugebauer nicht. „Die EU hat es bisher nicht geschafft, die libysche Küstenwache zur Zusammenarbeit zu bewegen“, sagte er. „Ich sehe nicht, wie die ‚Identitären‘ das schaffen wollen.“

Auch rechtlich gäbe es für die Flüchtlingsgegner kaum Spielraum. „Wir halten es nach derzeitiger Rechtsprechung nicht für legal, Flüchtlinge nach Libyen zurückzubringen oder der libyschen Küstenwache zu übergeben“, erklärt Neugebauer. Zudem seien auch sie an die Anweisungen der Seenotleitstelle in Rom gebunden, wie mit den Geretteten zu verfahren sei. Die größte Sorge der Organisation sei daher derzeit, dass „Defend Europe“ nicht auf Rettungseinsätze vorbereitet ist. „Wir haben Angst, dass sie für die Seenotrettung nicht ausgestattet sind und es zu Unglücken kommen könnte“, sagt Neugebau- er.