Paris/Berlin. Bei der Militärparade am französischen Nationalfeiertag finden Emmanuel Macron und Donald Trump einen direkten Draht zueinander

Was für ein Bild der Eintracht. Donald Trump beugt sich nach links und tätschelt Emmanuel Macron an der Schulter. Der US-Präsident lächelt, sein französischer Amtskollege strahlt. Beide sitzen auf der Tribüne neben der Pariser Prachtallee Champs-Élysées. Französische Kampfjets donnern durch den blauen Himmel über Paris und hinterlassen Nebelstreifen in den Farben der Trikolore.

Wie jedes Jahr ist der französische Nationalfeiertag eine gewaltige Militärschau. 3700 Fußsoldaten, mehr als 200 Fahrzeuge und 63 Flugzeuge nehmen daran teil. Auch 200 US-Soldaten marschieren am Freitag an den beiden Präsidenten vorbei, fünf davon in Uniformen aus dem Ersten Weltkrieg. Die Einbeziehung der Amerikaner ist eine symbolische Geste Macrons. Offiziell ist der Anlass für Trumps Besuch das Jubiläum des Eintritts der USA in den Ersten Weltkrieg von 100 Jahren. Die USA kämpften damals an der Seite Frankreichs gegen Deutschland. Nach der Militärparade haken Macron und Trump ihre Hände ineinander, ein fester Blick in die Augen. Die Körpersprache einer neuen politischen Männerfreundschaft.

Frankreich habe in seiner Geschichte „zuverlässige Verbündete gefunden, Freunde, die uns zu Hilfe geeilt sind“, sagt Macron. Die Vereinigten Staaten von Amerika gehören dazu. Deshalb wird nichts uns jemals trennen.“ Trump revanchiert sich mit den Worten: „Wir haben ein sehr gutes Verhältnis.“ Ausgerechnet der US-Präsident, der die Welt noch beim G20-Gipfel in Hamburg vor einer Woche mit seinen Extratouren in der Klima- und Handelspolitik zur Verzweiflung gebracht hatte, als neuer Partner? In diesem Moment jedenfalls ist die internationale Isolierung Trumps vergessen. Macron und der Amerikaner bilden am Freitag eine transatlantische Zweierbeziehung der besonderen Art. Der Franzose erscheint als der große Trump-Versteher. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte dagegen in Hamburg die gestrenge Kritikerin des US-Ausstiegs aus dem Klimavertrag gegeben.

Macron spielt auch die gaullistische Karte

Macron hatte sich bereits beim G20-Gipfel auffällig um Trump bemüht. Als sich der Amerikaner beim Familienfoto ganz links außen postiert hatte, eilte der Franzose herbei und stellte sich links neben Trump. Ein Akt der gruppendynamischen Inklusion. Während des Konzerts in der Elbphilharmonie saß er neben dem US-Präsidenten und suchte immer wieder das Gespräch mit dem Gast aus Washington. Manche vermuten hinter Macrons Charme-Offensive eine abgestimmte Aktion mit Merkel. Der widerborstige Trump, der sich einen Spaß zu machen scheint, aus multilateralen Vereinbarungen auszuscheren, soll demnach eingefangen werden. Eine „Good-cop-bad-cop“-Aktion, bei der der Franzose den Verführer und Merkel die Zuchtmeisterin spielt. Immerhin hält sich Trump in Paris eine Tür für den Verbleib im Klimavertrag offen. Doch kaum einer hat Hoffnung auf eine schnelle Rückkehr der USA.

Vieles spricht aber dafür, dass Macron und Trump eine neue Nähe zelebrieren, weil ihnen dies politisch nützt. Der Amerikaner, der zu Hause erneut unter Beschuss steht, weil er Wahlkampfhilfe von den Russen in Anspruch genommen haben soll, kann sich auf der internationalen Bühne sonnen. Trump liebt das Spektakel. Als er von der Militärparade erfuhr, den Pferden und dem Pomp, soll er die Einladung nach Paris sofort angenommen haben.

Macron selbst ist ein Meister der Inszenierung. Ende Mai empfing er den russischen Präsidenten im prunkvollen Königsschloss Versailles. Mit Trump und dessen Frau Melania fährt er das komplette politische Premium-Programm auf, das die „Grande Nation“ zu bieten hat: Gespräch im Élysée-Palast, Empfang mit militärischen Ehren im Invalidendom, Essen zu viert im Nobelrestaurant im Eiffelturm, Bootsfahrt auf der Seine, Militärparade.

Emmanuel Macron präsentiert sich als der große Staatenlenker. Die Tuchfühlung mit Putin, Merkel und Trump verleihen ihm eine Aura von internationaler Bedeutung. Damit trifft er den Nerv vieler Franzosen. Nach einer Umfrage des Instituts Odoxa betrachtet eine Mehrheit der Bevölkerung Frankreich als wichtige Militärmacht. 61 Prozent finden es richtig, dass Macron Trump eingeladen hat. Der Präsident erhofft sich dadurch zusätzliche Legitimität, um schwierige innenpolitische Reformen wie eine Lockerung des Arbeitsrechts durchzusetzen.

Der Präsident feiert den Austausch mit Trump als Unterredung auf Augenhöhe. Beim Kampf gegen den islamistischen Terror oder dem Aufbau einer Nachkriegsordnung für Syrien ziehen beide an einem Strang. Frankreich, Atommacht und permanentes Mitglied im UN-Sicherheitsrat, sitzt mit am Tisch der ganz Großen. Der neue Mann im Élysée tritt nicht nur als Chef-Dynamiker bei der Reform der EU auf, er spielt auch die gaullistische Karte mit einer Prise Nationalismus.

Über Trumps missglücktes Kompliment für Macrons 64-jährige Frau Brigitte („Sie ist in so einer tollen körperlichen Verfassung. Das ist schön“) sieht der Franzose großzügig hinweg. Der direkte Draht zum Chef des Weißen Hauses Gast ist ihm wichtiger als Stilfragen. „Ich werde wiederkommen“, verspricht der US-Präsident zum Abschied. Worauf Macron entgegnet: „Sie sind jederzeit willkommen.“