Jerusalem. Angreifer töten in Jerusalem zwei Polizisten und werden selbst erschossen. Großmufti ruft zu Widerstand auf und wird festgenommen

Bei einem blutigen Attentat am Tempelberg in Jerusalem sind zwei Polizisten und die drei israelisch-arabischen Angreifer getötet worden. Die beiden Beamten im Alter von 22 und 30 Jahren seien im Krankenhaus gestorben, teilte der israelische Polizeisprecher Micky Rosenfeld am Freitag mit.

Israel verfügte daraufhin die Schließung des Tempelberges (Al-Haram al-Scharif) und unterband damit zugleich die für Muslime besonders wichtigen Freitagsgebete im Felsendom und der Al-Aksa-Moschee, was umgehend auf Kritik des Großmuftis von Jerusalem, Mohammad Hussein, stieß. „Wir weisen das Betretungsverbot der israelischen Behörden entschieden zurück“, sagte der Großmufti. „Wir haben unsere palästinensischen Mitbürger aufgerufen, heute zur Al-Aksa zu kommen und zu beten.“ Nach Angaben eines seiner Mitarbeiter wurde er nach dem Aufruf festgenommen. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verurteilte den Angriff auf die Polizisten in einem Telefonat mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. Zugleich forderte Abbas, die Schließung des Tempelbergs zurückzunehmen.

Der Tempelberg in der Altstadt von Jerusalem ist Juden wie Muslimen heilig. Ein eingeschränkter Zugang für Muslime hatte bereits in der Vergangenheit zu Spannungen und Gewalt geführt. Viele Palästinenser befürchten, Israel wolle den Status quo verändern – damit ist gemeint, wer den Hügel besuchen und dort beten darf.

Netanjahu betonte laut einer Mitteilung seines Büros, dass Israel alles unternehmen werde, um die Sicherheit auf dem Tempelberg aufrechtzuerhalten – ohne den Status quo zu verändern. Israels ultrarechter Erziehungsminister Naftali Bennett forderte eine Sondersitzung des israelischen Sicherheitskabinettes. Für die Juden ist die religiöse Stätte in Jerusalems Altstadt ebenfalls von höchster Bedeutung. Nach jüdischer Glaubenslehre standen dort zwei später zerstörte jüdische Tempel. Die Klagemauer am Fuß des Bergs ist der Überrest der ehemaligen westlichen Stützmauer des zweiten Tempels. Er wurde in der Zeit von König Herodes (73 bis 4 vor Christus) erbaut und von den Römern im Jahr 70 zerstört.

Bei den Attentätern handelt es sich laut Polizei um israelische Araber, die aus einem Dorf im Norden des Landes stammten. Terrorangriffe von in Israel lebenden Palästinensern, die die israelische Staatsbürgerschaft besitzen, sind eher selten. Die beiden Polizisten waren Drusen. Laut Medienberichten war einer Vater eines drei Wochen alten Babys gewesen.

Das Auswärtige Amt in Berlin verurteilte die Tat scharf und sprach vom schwersten Anschlag seit Jahren an diesem Ort. „Für Gewalt und Terror gibt es keinerlei Rechtfertigung“, hieß es in einer Mitteilung. „Alle müssen nun tun, was ihnen möglich ist, um dazu beizutragen, eine Eskalation zu vermeiden.“

Seit Beginn einer Gewaltwelle vor knapp zwei Jahren sind bei ähnlichen Attacken rund 300 Palästinenser getötet worden. Die meisten kamen bei ihren eigenen Anschlägen ums Leben und stammten aus dem israelisch besetzten Westjordanland und Ostjerusalem. Mehr als 40 Israelis wurden in dem Zeitraum getötet.

Als Auslöser der Gewaltwelle galt ein Streit um Nutzungs- und Besuchsrechte auf dem Tempelberg. Inzwischen hat die Gewalt aber eine Eigendynamik entwickelt. Das UN-Nothilfebüro Ocha schrieb Ende Mai in einem Bericht zu 50 Jahren israelischer Besatzung: „Die andauernde Besatzung, deren Ende nicht absehbar ist, fördert ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Frustration, das den Konflikt weiter antreibt.“

Ein der extremistischen Palästinenserorganisation Hamas nahestehender Fernsehsender nannte den Angriff vom Freitag einen „heroischen Akt“, wie die „Jerusalem Post“ berichtete.