Moskau.

In Russland sind neue Vorwürfe gegen die tschetschenischen Staatsorgane laut geworden. Die Zeitung „Nowaja Gaseta“ berichtet, in der Kaukasusrepublik seien im Januar mindestens 27 Menschen illegal hingerichtet worden. Nach Angaben der Zeitung hatten mehrere junge Männer am 17. Dezember 2016 einen Polizeibeamten ermordet, dessen Auto geraubt und damit einen Verkehrspolizisten tot gefahren. Alle Angreifer kamen bei einer Operation der Sicherheitsorgane ums Leben. Es folgten Großfahndungen, bei denen etwa 200 Menschen festgenommen wurden. Mindestens 27 von ihnen sollen in der Nacht auf den 26. Januar in Grosny erschossen worden sein. Die „Nowaja Gaseta“ berief sich auf Aussagen von Verwandten der Toten sowie auf Quellen im Ermittlungskomitee und der Regierung Tschetschenien. Unklar blieb zunächst, ob die Opfer homosexuell waren und deshalb getötet wurden.

Der tschetschenische Informationsminister Dschambulat Umarow nannte im Fernsehsender TV Doschd den Bericht der „Nowaja Gaseta“ „krankhaft übersteigerte Fantasie“. Die russische Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkowa sagte dem Nachrichtenportal RBK, die „Nowaja Gaseta“ habe sie Ende März über die möglichen Massenhinrichtungen informiert, sie wiederum habe Präsident Wladimir Putin darüber berichtet und eine Anfrage an das russische Ermittlungskomitee gerichtet. Die Überprüfung laufe.

Und Michail Fedotow, Leiter des Präsidialrates für Menschenrechte, teilte mit, Generalstaatsanwaltschaft und Innenministerium hätten auf Eingaben zur möglichen Verfolgung von Schwulen in Tschetschenien mitgeteilt, die Ermittlungen seien noch im Gange. Die „Nowaja Gaseta“ und andere Medien hatten im Frühjahr Massenfestnahmen und Folterungen tschetschenischer Homosexueller gemeldet. Auch darauf reagierten Tschetschenenchef Ramsan Kadyrow und seine Behörden mit Dementis. Wenn es in Tschetschenien Schwule gäbe, erklärte Kadyrows Sprecher Alwi Karimow, würden ihre eigenen Verwandten sie „dorthin schicken, von wo man nicht zurückkehrt“.