Hongkong.

Leberkrebs im Endstadium, kaum mehr lange Überlebenschancen – trotzdem bleibt die chinesische Führung unerbittlich. Chinas bislang einziger Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo darf auch weiter nicht in einem ausländischen Krankenhaus behandelt werden.

Die Verantwortlichen des Universitätskrankenhauses im nordostchinesischen Shenyang beharren auf ihrer Behauptung, dass der schwer erkrankte Schriftsteller und Menschenrechtler nicht transportfähig sei – aus „medizinischen Gründen“, sagen sie. Ihr Patient befinde sich in einem lebensbedrohlichen Zustand. Sein Tumor an der Leber sei gewachsen, die Leber blute. Die Ärzte hätten seine Familie informiert, dass der 61-Jährige wahrscheinlich noch am späten Abend auf die Intensivstation verlegt werden müsse.

Noch am Wochenende waren unabhängige Ärzte zu einer anderen Einschätzung gekommen. Professor Markus Büchler von der Universitätsklinik Heidelberg sowie der US-Krebsspezialist Joseph Hermann vom MC Anderson Cancer Center in Texas hatten auf Druck der deutschen und der US-amerikanischen Botschaft erstmals Zugang zu Liu erhalten und seinen Gesundheitszustand überprüfen können. Beide Ärzte bescheinigten zwar, dass der Dissident eine gute Behandlung erhalte. Liu habe jedoch den Wunsch geäußert, China zu verlassen. Mit entsprechender medizinischer Hilfe sei dies auch möglich. Diese Verlegung müsse jedoch „so schnell wie möglich“ erfolgen.

Am Wochenende hatten erstmals zwei Brüder von Liu ihn auf der Krankenstation besuchen dürfen. Außer seiner Frau Liu Xia war das keinem anderen gestattet worden. Nicht einmal seine Anwälte haben ihn sehen dürfen. Seinen Brüdern gegenüber bekräftigte Liu nun den Wunsch, gemeinsam mit seiner Frau, die seit 2010 ohne rechtliche Grundlage unter Hausarrest steht, zur Behandlung ins Ausland ausgeflogen zu werden. Sein bevorzugtes Ziel: Deutschland.

Liu beteiligte sich schon 1989 bei den Demokratieprotesten, die die chinesische Führung blutig niederschlagen ließ. Damals musste Liu das erste Mal in Haft. Er ist Mitverfasser der Charta 2008, in der er die Vision eines anderen China formulierte, eines Landes, in dem die Gesetze über der Partei stehen und nicht umgekehrt. Daraufhin verurteilte ein Volksgericht ihn 2009 wegen „Untergrabung der Staatsgewalt“ zu elf Jahren Haft. Ein Jahr darauf verlieh ihm das Nobelpreiskomitee in Oslo in seiner Abwesenheit den Friedensnobelpreis. Ende Juni gewährten ihm die chinesischen Behörden „Bewährung aus medizinischen Gründen“ und verlegten ihn in das Universitätskrankenhaus.