Berlin/Köln.

In den letzten Wochen hatte Joachim Meisner noch einmal für Schlagzeilen gesorgt. Gemeinsam mit drei Kardinalskollegen verfasste er einen Brief an Papst Franziskus. Das Quartett forderte eine Klarstellung des Pontifex über den Umgang der Kirche mit wieder verheirateten Geschiedenen – ein heikles Thema bei den Katholiken.

Das Schreiben, das an die Öffentlichkeit gelangte, wurde von vielen als Ungehörigkeit, ja als Respektlosigkeit gegenüber dem Papst empfunden. Doch um solche Anwürfe hatte sich Kardinal Joachim Meisner, der am Mittwoch im Alter von 83 Jahren gestorben ist, nie
gekümmert. Er ging keiner Konfrontation aus dem Weg. Da war er also noch einmal, gut drei Jahre nach Meisners Abschied als Erzbischof von Köln, der „Gotteskrieger vom Rhein“, der „Katholiban“ und „Krawall-Kardinal“. Das ist nur eine kleine Auswahl der Beinamen, auf den die Medien den polarisierenden Oberhirten tauften. Meisner trug sie wie Orden.

25 Jahre lang regierte er mit harter Hand Deutschlands größtes, einflussreichstes und mit jährlichen Kirchensteuereinnahmen von mehr als 750 Millionen Euro auch finanzstärkstes Bistum Köln. Meisner, zuvor seit 1980 Bischof von Berlin, wurde 1989 von Papst Johannes Paul II. auf den Chefposten am Rhein versetzt – gegen den erklärten Willen des Kölner Domkapitels.

Was trieb Joachim Meisner? Ähnlich wie der Bayer Joseph Ratzinger war der in Schlesien aufgewachsene Meisner, der früh den Vater verlor, tief verwurzelt in der Volksfrömmigkeit seiner Heimat, an die er sich bis zuletzt mit aller Kraft klammerte. Später, als junger Priester und Weihbischof im katholischen Eichsfeld, erlebte er zu DDR-Zeiten seine Kirche als Refugium vor dem real existierenden, kirchenfeindlichen Sozialismus – mit Prozessionen und gut besuchten Gottesdiensten. Doch entwickelte er daraus auch eine Art Wagenburgmentalität. Sie wurde zu seinem selbst gemachten Gefängnis, außen vor blieb die Moderne. Denn die Moderne war für Meisner der „Zeitgeist“: Relativismus und Individualisierung waren die erklärten Feinde.

Joachim Meisner, der Rastlose, starb während seines Urlaubs in Bad Füssing. Eine Sprecherin des Erzbistums Köln sagte, er sei friedlich eingeschlafen.