Berlin.

Die Mehrheit der Kinder in Deutschland wird bei ihren leiblichen Eltern groß – nach wie vor. Doch gleichzeitig wächst die Zahl der Jungen und Mädchen, bei denen die Herkunftsfrage komplizierter ist: Was zum Beispiel ist mit Kindern, die per Samenspende auf die Welt gekommen sind? Wo beginnt und wo endet Elternschaft in solchen Fällen? Das heutige Abstammungsrecht passt in den Augen vieler Experten nicht mehr zur rasanten Entwicklung der Reproduktionsmedizin und der wachsenden Vielfalt moderner Familienformen – die durch die geplante Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare noch zusätzlichen Schub bekommen dürfte.

Eine Expertenrunde im Auftrag von Justizminister Heiko Maas (SPD) hat jetzt Vorschläge gemacht, wie das Abstammungsrecht geändert werden könnte. So sollen etwa lesbische Frauen, deren Partnerin ein Kind per Samenspende bekommt, künftig als „Mit-Mutter“ den gleichen rechtlichen Status bekommen wie bei heterosexuellen Paaren der Mann. Bislang musste die zweite Frau das Kind ihrer Partnerin adoptieren, um rechtlich Mutter zu werden.

Durch die moderne Fortpflanzungsmedizin werde der Rückgriff auf die genetische Abstammung eines Kindes für seine Zuordnung zu seinen Eltern nicht mehr in allen Fällen gerecht, erklärte die Vorsitzende des Arbeitskreises, die frühere Bundesrichterin Meo-Micaela Hahne. Wichtig sei aber, dass Wunscheltern, die ihr Kind etwa durch Samen- oder Embryospende bekommen hätten, für das so gezeugte Kind vor dem Gesetz ebenso verantwortlich seien wie natürliche Eltern.

Mit den heiklen Fragen der (in Deutschland verbotenen) Leihmutterschaften und Eizellspenden befassten sich die Experten aus den Bereichen Recht, Medizin, Ethik und Psychologie nicht – empfehlen aber, dass Kinder auch in Zukunft nur zwei rechtliche Elternteile haben sollen.

Justizminister Maas steht Änderungen im Abstammungsrecht offen gegenüber: „Die soziale Wirklichkeit der Familienmodelle verändert sich, und unser Recht muss mit diesem Veränderungsprozess Schritt halten, wenn seine Gestaltungskraft nicht leiden soll“, sagte der SPD-Politiker bei der Übergabe des Berichts am Dienstag. Für eine Gesetzesänderung ist es jedoch zu spät – es wäre Aufgabe der nächsten Regierung.