Berlin.

Wenn die Bundesregierung mehr Geld ausgeben will, als sie einnimmt, dann muss der Bundesfinanzminister sich etwas einfallen lassen. Lange Jahre lief das immer darauf hin-aus, dass der Minister in seinen Entwurf für den Bundeshaushalt einen pauschalen Betrag hineingeschrieben hat, der irgendwie eingespart werden musste. Die einzelnen Ministerien konnten dann sehen, wo und wie sie das Geld für diese „globale Minderausgabe“ zusammenkratzten.

Auch im Haushalt für das Jahr 2018, den Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am nächsten Mittwoch seinen Kollegen im Bundeskabinett vorstellen wird, müssen noch pauschal drei Milliarden Euro gekürzt werden. In der Planung für die Jahre danach aber ist etwas vorgesehen, was bisher völlig undenkbar war: Schäuble kalkuliert mit „globalen Mindereinnahmen“. Das heißt, der Minister tut so, als hätte er weniger Geld, als nach derzeitiger Schätzung in die Kasse kommen wird. Man kann auch sagen: Schäuble kalkuliert mit Steuersenkungen.

Für einen Finanzminister ist das eine Luxussituation. Das sei „weltweit und in Europa ziemlich einmalig“, heißt es im Finanzministerium euphorisch, „auch in der deutschen Geschichte“. Insgesamt zeige die Haushaltsplanung für die nächsten Jahre bis 2021 einmal mehr, dass es „möglich ist, ausgeglichene Haushalte zu haben und gleichzeitig zu investieren“.

Konkret rechnet Schäuble damit, im Jahr 2019 rund zwei Milliarden Euro übrigzuhaben. Im Jahr 2020 sollen es rund drei Milliarden sein und 2021 schließlich fast zehn Milliarden Euro. Zusammengenommen sind das 15 Milliarden Euro – und damit zufälligerweise so viel, wie der Minister für Steuersenkungen nach der Wahl verspricht. Ganz so einfach ist die Rechnung zwar nicht, denn eine um 15 Milliarden Euro gesenkte Einkommensteuer würde bedeuten, dass dieser Betrag jedes Jahr anfällt und nicht über insgesamt drei Jahre verteilt. Aber wenn man bedenkt, dass der Bund sich die Kosten für eine Steuersenkung ohnehin mit Ländern und Gemeinden teilt und dafür pro Jahr grob gerechnet sechs Milliarden Euro aufwenden müsste, passt die Rechnung fast wieder: „Die neue Bundesregierung hat nach der Bundestagswahl Gestaltungsspielräume“, sagen Schäubles Spitzenleute. Und das, ohne neue Schulden zu machen.

Dass für eine Entlastung reichlich Geld da ist, zeigen auch andere Details aus dem Haushaltsplan. So ist die Rücklage, die der Bund für die Flüchtlingskosten angelegt hat, noch immer mit 19 Milliarden Euro prall gefüllt. Sie muss noch nicht einmal angezapft werden, um den Energiekonzernen 7,5 Milliarden Euro zurückzuzahlen. Das ist die Summe, die mit der Brennelementesteuer eingenommen wurde. Das Bundesverfassungsgericht hatte diese Steuer kürzlich für grundgesetzwidrig erklärt. Schäuble hat das Geld den Konzernen zum größten Teil schon überwiesen – aus den laufenden Einnahmen. Die fließen wegen der guten Konjunktur unverändert reichlich.

SPD-Haushaltspolitiker Johannes Kahrs warf Schäuble vor, ohne „handwerklichen Fehler“ bei dieser Steuer sieben Milliarden Euro mehr zur Verfügung zu haben. Aber auch so werde die nächste Bundesregierung „für die Wahlperiode einen zusätzlichen finanziellen Spielraum von 15 Milliarden Euro“ haben.

Im Finanzministerium dämpft man freilich die Erwartungen an weitere Steuerentlastungen mit dem Hinweis, dass die Steuerzahler schon jetzt ordentlich entlastet worden seien. So habe man in den vergangenen Jahren das Kindergeld und steuerliche Freibeträge erhöht und die kalte Progression abgebaut. Alles in allem seien so fast zwölf Milliarden Euro an Entlastungen zusammengekommen.

Der Haushaltsentwurf für das Jahr 2018, den Schäuble jetzt vorlegen und Anfang September in der allerletzten Bundestagssitzung vor der Wahl verteidigen wird, folgt der bisherigen Linie der großen Koalition: Etwas mehr Geld für Verkehrsinvestitionen, für Bildung und Forschung sowie für innere Sicherheit und für Verteidigung. Den stärksten Zuwachs verzeichnet das Entwicklungsministerium, das mit fast neun Milliarden Euro so viel erhält wie nie zuvor. Die Pkw-Maut ist ab 2019 mit Netto-Einnahmen von 500 Millionen Euro einkalkuliert. Für Zinsen plant Schäuble mittelfristig höhere Ausgaben ein – für den Fall der Zinswende.

Mit Sorge blickt die Spitze des Finanzministeriums auf die Sozialausgaben, für die mehr als die Hälfte des Bundeshaushalts verwendet werden. „Man kann nur alle ermahnen, dass es beim Schreiben der Wahlprogramme nicht gut wäre, auf die Ausweitung der Sozialausgaben zu setzen“, sagte einer von Schäubles Spitzenleuten. Es war nicht klar, ob das der SPD oder auch den Wahlkämpfern der Union galt.