Berlin. Ein im Netz veröffentlichtes Chat-Protokoll von Parteifunktionären der Alternative für Deutschland aus Sachsen-Anhalt sorgt für Aufregung

Nach außen gibt sich die AfD gern als konservativ-bürgerliche Partei. Doch in ihrem Innern macht sich weiter rechtes Gedankengut breit. Die jetzt im Internet veröffentlichten Chat-Protokolle einer WhatsApp-Gruppe der AfD Sachsen-Anhalts dokumentieren etwa die Aussage „Deutschland den Deutschen“ des rechtsnationalen Landeschefs und Bundesvorstandsmitglieds André Poggenburg. Ein weiteres Parteimitglied fordert darin faktisch die Abschaffung der Pressefreiheit – und erntet dafür fast keinen Widerspruch.

Angelegt hat die Gruppe der AfD-Landtagsabgeordnete und Bundestagskandidat Andreas Mrosek aus Dessau. Das bestätigte er unserer Redaktion. „Unschön gerade im Wahljahr, dass das veröffentlicht worden ist“, sagt Mrosek. Es gebe einen oder mehrere Maulwürfe. Rund 200 Nutzer aus der AfD Sachsen-Anhalt seien in der Gruppe, „vom erfahrenen Hasen bis zum jungen Blut“. Administratoren seien Mitglieder des Landesvorstands. Poggenburg schritt bei fragwürdigen und möglicherweise strafwürdigen Inhalten nicht ein. In seiner Stellungnahme erklärt er sich als Landesvorsitzender für die Mitglieder nicht verantwortlich: Er habe „weder die Aufgabe noch das Recht, hier irgendwelche Meinungsäußerungen einzuschränken“.

„Deutschland den Deutschen“ schreibt der Landesvorsitzende selbst in einer Nachricht, als er unterwegs ist zu einem Treffen zur Vorstellung der Bundeswahlkampagne. Er versieht das mit einem Smiley. Für die gleiche, allerdings ohne Smiley und öffentlich auf Facebook getätigte Aussage hatte die AfD in Mecklenburg-Vorpommern ihren stellvertretenden Vorsitzenden Ralph Weber abgemahnt. Er habe der Partei schweren Schaden im öffentlichen Ansehen zugefügt. „Insbesondere ist die Äußerung ,Deutschland den Deutschen‘ als gebräuchliche Kampfparole der NPD bekannt“, hieß es in der Begründung.

Poggenburg erklärt dagegen in seiner Stellungnahme, er stehe voll und ganz zu dieser Formulierung. „Selbstverständlich sollte ein Land denen ,gehören‘, die dort lange ansässig sind, die über Jahrzehnte oder sogar viele Generationen dort Wurzeln geschlagen und sich in den Staat eingebracht haben.“

Weitgehend unwidersprochen bleibt in der Gruppe die Forderung eines Bundespolizisten nach einer Säuberungsaktion in der Presse. Schon der „kleine Doktor“ – gemeint ist offenbar Hitlers Reichspropagandaleiter Joseph Goebbels – und „selbst die 68er-Arschlöcher“ hätten gewusst, dass man ohne die Medien keine Macht habe. Nach der „Machtübernahme muss ein Gremium alle Journalisten und Redakteure überprüfen und sieben“, schreibt der Mann, Beisitzer in einem Kreisvorstand. „Chefs sofort entlassen, volksfeindliche Medien verbieten.“ Er bietet zudem an, jemandem im „Zusammenhalt mit Waffen und ohne“ zu unterrichten.

Als der Landtagsabgeordnete und „Junge Alternative“-Vorsitzende Jan Wenzel Schmidt fragt, wozu die Partei Schulungen anbieten sollte, meldet sich auch Poggenburg: „Landesverteidigung und Terrorabwehr“, schlägt er vor. Dann ergänzt er: „Und ... Erweiterung der Außengrenzen!?“ In seiner Stellungnahme dazu erklärt Poggenburg, es gehe um die europäische Außengrenze, die real kaum vorhanden sei und nur stückweise als tatsächlich wahrnehmbare Grenze funktioniere.

Im Landtag kam es zu einem Schlagabtausch über die WhatsApp-Protokolle. Aus einem anderen Grund hat die SPD-Landtagsfraktion sogar Strafanzeige gegen Poggenburg, wegen des Verdachts der Volksverhetzung erstattet. Er hatte auf Twitter unter Bezug auf die geringe Beteiligung an der Friedensdemonstration von Muslimen am Sonnabend in Köln geschrieben: „Verwundert überhaupt nicht. Islam steht eben für Terror, Gewalt und Co., warum sollten Muslime dagegen demonstrieren?“