Berlin. Anschläge, Amokläufe und Katastrophen: Was können Nutzer von sozialen Medien in solchen Situationen posten – und was besser nicht?

In den sozialen Netzwerken hielten die Nutzer am Dienstagmorgen den Atem an: Gegen 9 Uhr kam die Nachricht, dass an einem S-Bahnhof in München Schüsse gefallen waren. Ein 37-jähriger Mann hatte bei einem Polizeieinsatz in der S-Bahn einem Polizisten die Dienstwaffe entrissen und damit auf eine Polizistin geschossen. Die 26-Jährige wurde lebensgefährlich verletzt.

Als die ersten Meldungen von einer Schießerei kamen, war all das noch völlig unklar. Es gab Berichte von Verletzten, zwischenzeitlich hieß es, die verletzte Polizistin sei tot. Die Lage war unübersichtlich.

Wie sollten sich Nutzer in solchen Situationen verhalten? Unbestätigtes verbreiten, um Leute vor Ort zu informieren, falls noch Gefahr droht? Lieber keine Informationen weitergeben, um nicht Spekulationen anzuheizen oder gar Ermittlungen zu behindern?

Ungesicherte Informationen kennzeichnen

Die Abwägung ist nicht einfach. „Zunächst mal kann jeder alles posten“, sagt Stephan Weichert, Medienwissenschaftler der Hamburg Media School, „solange das klar unter Vorbehalt steht. Es muss für die anderen Nutzer erkennbar sein, wenn eine Information nicht gesichert ist.“ Spekulationen sollten Nutzer in jeden Fall vermeiden.

Selbst korrekte Informationen können schaden, wenn sie zum Beispiel die Arbeit der Polizei erschweren. So bat die Polizei München während des Amoklaufs im Juli 2016 eindringlich, keine Videos und Fotos ihrer Einsatzkräfte hochzuladen.

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Bei Informationen, die nicht gesichert sind, gelten für private Nutzer dieselben Regeln wie für Journalisten. „Woher kommt die Information? Kann ich der Quelle trauen? Bestätigt eine andere Quelle die Nachricht?“ Diese Fragen müssten sich Nutzer stellen, sagt Weichert. „Auf der sicheren Seite ist man, wenn man Informationen von offiziellen Accounts zum Beispiel der Polizei weiterverbreitet.“

Nutzern von sozialen Medien müsse bewusst sein, dass sie ebenso Sender von Nachrichten seien wie Medienhäuser. Damit trügen sie auch eine Verantwortung, sagt Weichert – „im juristischen Sinne, aber auch im politischen und gesellschaftlichen“. Das sei eine Frage der Medienkompetenz, „da müssen wir als Gesellschaft besser werden.“

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Im Zweifel Hände weg von sozialen Medien

„Im Moment überwiegt in der Diskussion um soziale Netzwerke der Negativaspekt, es wird viel über die Verbreitung von Falschnachrichten gesprochen“, sagt Weichert. „Aber eine Information zu verbreiten, die zu stimmen scheint, kann auch nützlich und hilfreich sein.“

Der Schaden, den eine falsche Information auslösen möglicherweise auslöst, kann allerdings groß sein. Der Medienwissenschaftler rät deshalb: „Wenn man bei einer Information Zweifel hat, lieber Hände weg von Twitter.“

Falls Nutzer doch einmal eine Nachricht weiterverbreiten, die sich dann als falsch herausstellt, hilft laut Weichert nur eins: Den Fehler eingestehen, die Information richtigstellen, sich entschuldigen – und hoffen, dass wenigstens ein paar der Leute, die der ersten Post erreicht hat, auch die Richtigstellung sehen. Er schränkt aber ein: „Die gleichen Leute, die die falsche Nachricht gesehen haben, erreicht man aber selten.“

Hilfe-Hashtags sind unproblematisch

Was immer geht: Hashtags weiterverbreiten, unter denen Anwohner Betroffenen ein Dach über dem Kopf anbieten, wie zum Beispiel zuletzt beim Anschlag an der London Bridge #sofaforlondon.