Paris.

Sollte die Angst vor terroristischen Anschlägen Paris je losgelassen haben, so kehrte sie gestern zurück. Am späten Dienstagnachmittag griff ein mit einem Hammer bewaffneter Unbekannter mehrere Polizisten auf dem Vorplatz der Kathedrale Notre-Dame von hinten an und verletzte einen von ihnen, bevor er von den Beamten niedergeschossen wurde. Er sei am Bein verletzt und umgehend in ein Krankenhaus gebracht worden, hieß es am Abend. Laut Augenzeugenberichten soll der Mann zuvor bereits Passanten beschimpft und mit seinem Hammer bedroht haben.

Die Hintergründe der Tat waren zunächst unklar, aber die Behörden leiteten umgehend einen Großeinsatz ein. Der Platz vor Notre-Dame, auf dem sich zum Zeitpunkt der Tat sehr viele Hauptstadtbewohner und Touristen aufhielten, wurde evakuiert und das zentral gelegene Viertel weiträumig abgesperrt. Rund 900 Besucher, die sich im Inneren der Kathedrale befanden, durften diese erst einmal nicht verlassen, weil die Polizei einen Folgeanschlag durch eventuelle Komplizen des Täters befürchtete. Die meisten reagierten ruhig. Ein Urlauber schrieb auf Twitter: „Eingeschlossen in der Kathedrale Notre-Dame, nachdem Polizei auf einen Mann schoss. Wir sind hier mit unseren zwei angsterfüllten Kindern.“

Nach zwei Stunden gab die Polizei Entwarnung

Erst nach zwei Stunden gab die Polizeipräfektur Entwarnung. Besucher konnten das Gotteshaus nach und nach wieder verlassen. Wie die Sprecherin der Diözese Paris, Karine Dalle, erklärte, wurde jeder von der Polizei durchsucht. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Anti-Terror-Abteilung der Pariser Staatsanwaltschaft die Ermittlungen bereits an sich gezogen, weil sie von einem terroristischen Hintergrund des Angriffs ausgeht. „Das ist für Syrien!“, soll der Täter gerufen haben, bevor er sich vor der Kirche auf die Polizisten warf. Später habe er sich als „Soldat des Kalifats“ der Terrormiliz „Islamischer Staat“ bezeichnet, heißt es in französischen Medien. Innenminister Gérard Collomb sagte, der Angreifer habe sich als algerischer Student ausgegeben: Er habe einen Ausweis bei sich gehabt, dessen Echtheit überprüft werden müsse. Demnach ist der Mann 40 Jahre alt. Neben dem Hammer habe er Küchenmesser bei sich gehabt. Die Verletzungen des angegriffenen Polizisten seien nicht sehr gravierend.

Frankreich und die Franzosen haben seit 2015 lernen müssen, mit der ständigen Attentatsgefahr zu leben. Insbesondere Paris ist immer wieder Ziel von Terroranschlägen geworden, bei denen bereits 240 Menschen das Leben verloren haben. Seit den Anschlägen vom 13. November 2015 steht das Land unter Ausnahmezustand. In dessen Rahmen werden auch Touristenattraktionen wie etwa der Eiffelturm oder die Kathedralen von Notre-Dame und Chartres von Polizisten oder Soldaten konsequent abgesichert.

Erst im Februar war es zu einem ähnlichen Angriff auf die Sicherheitskräfte im Eingangsbereich des Louvre gekommen. Ende April hatte ein Islamist mitten auf dem Prachtboulevard Champs-Élysées das Feuer auf einen Mannschaftswagen der Polizei eröffnet und einen Ordnungshüter getötet. Der Ausnahmezustand soll bis Anfang November 2017 verlängert werden. Am Sonntag findet in Frankreich die erste Runde der Parlamentswahlen statt.