Kairo.

In einer einzigartigen diplomatischen Strafaktion haben die vier wichtigsten Golfstaaten plus Ägypten am Montag ihre Beziehungen zu Katar gekappt und damit in den eigenen Reihen das tiefste Zerwürfnis seit Jahrzehnten ausgelöst. Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jemen, Bahrain sowie Ägypten kündigten an, alle katarischen Diplomaten müssten innerhalb von 48 Stunden das Land verlassen. Alle Flug-, Land- und Seeverbindungen zu der superreichen Halbinsel wurden unterbrochen. Sämtliche Kataris müssen innerhalb der nächsten zwei Wochen aus Saudi-Arabien, den Emiraten und Bahrain ausreisen.

Praktisch sämtliche arabische Fluggesellschaften am Golf kündigten an, Katars Hauptstadt Doha von Dienstag früh an nicht mehr zu bedienen. Umgekehrt stellte Qatar Airways, die den Luftraum der anderen Golfnationen nicht mehr nutzen darf, alle Flüge in die Nachbarstaaten und nach Ägypten ein. Seine Flugzeuge müssen nun nach dem Start über den iranischen Luftraum ausfliegen. Über seine Landgrenze zu Saudi-Arabien importiert die Halbinsel, die etwa halb so groß ist wie Hessen, etwa 40 Prozent seiner Lebensmittel. Auch die Baustellen der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 dürften betroffen sein, sollte die Seeblockade länger anhalten. Zahlreiche Bürger in Doha eilten am Montag in die Supermärkte, um sich mit Lebensmitteln einzudecken.

Die Führung in Doha weist alle Anschuldigungen zurück

Zur Begründung des Schrittes hieß es in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad und in Abu Dhabi, Katar unterstütze militante Islamisten von Al-Qaida und dem „Islamischen Staat“. Man müsse die eigene staatliche Sicherheit vor den „Gefahren des Terrorismus und Extremismus“ schützen. Im syrischen Bürgerkrieg gilt es als offenes Geheimnis, dass aus Katar Geld an die radikalsten Gegner von Präsident Baschar al-Assad fließt. Zu diesem Ergebnis kommt etwa ein Bericht der konservativen Foundation for Defense of Democracies aus Washington.

Doch das Verhältnis zwischen Katar und den anderen Golfstaaten ist schon seit Langem angespannt. Bereits vor drei Jahren hatten Saudi-Arabien, die VAE und Bahrain für einige Monate ihre Botschafter aus Doha abgezogen. Damals eskalierte ein Streit um die Muslimbrüder, die von Katar unterstützt und vom dort ansässigen TV-Kanal Al-Dschasira protegiert werden. Vor allem die Herrscher in Riad, den Emiraten und Kairo fürchten die Islamisten und haben sie zur Terrororganisation erklärt. In Doha aber finden sie bis heute Zuflucht.

Die Führung in Doha wies alle Anschuldigungen als „ungerechtfertigt“ und „aus der Luft gegriffen“ zurück und warf den anderen Golfstaaten vor, sie wollten Katar unter ihre politische Vormundschaft stellen. Ein Dorn im Auge sind den sunnitischen Monarchen und Emiren neben Katars Unterstützung der Muslimbruderschaft vor allem auch seine Beziehungen zu Erzfeind Iran, mit dem sich das Emirat sein wichtigstes Gasfeld teilt. Wenige Tage zuvor hatte der Chef einer saudischen Lobbyorganisation in Washington Katars Herrscher Tamim bin Hamad al-Thani per Twitter gedroht, ihm könne das gleiche Schicksal blühen wie Ägyptens Mohammed Mursi. Der Muslimbruder-Präsident war im Juli 2013 durch einen Militärputsch des heutigen Staatschefs Abdel Fattah al-Sisi gestürzt worden und sitzt seitdem in Haft.

Aus den Reihen des Golfkooperationsrates verweigerten sich jedoch Oman und Kuwait dem Kalten Krieg gegen Katar, welches 300.000 Einwohner und 11.000 Mann unter Waffen hat. Nach westlichen Erkenntnissen gehören zudem nicht nur reiche Bürger und religiöse Stiftungen aus Katar, sondern auch aus Kuwait und Saudi-Arabien zu den Hauptsponsoren radikaler sunnitischer Gruppen in Nahost, unter anderem der „Al-Nusra-Front“ in Syrien.

Der außenpolitische Paukenschlag steht in Zusammenhang zu dem Besuch von Donald Trump in Riad vor zwei Wochen, den die sunnitischen Potentaten obendrein auch als Blanko-Vollmacht für zusätzliche Repression nach innen verstanden. Ägyptens Präsident Sisi setzte sofort nach Riad das umstrittene NGO-Gesetz in Kraft, was auch den Rest der Zivilgesellschaft am Nil strangulieren wird. Gleichzeitig ließ er zwei Dutzend Websites von regimekritischen Medienorganisationen sperren, darunter Al-Dschasira. Bahrain verbot die wichtigste Oppositionspartei. Saudi-Arabien verurteilte einen weiteren Bürgerrechtler zu einer langen Haftstrafe, unter anderem wegen seiner Kontakte zu ausländischen Journalisten.

Der US-Präsident hatte in seiner Rede vor 35 muslimischen Staatschefs den Iran als Hauptursache für die Instabilität in der Region angeprangert und für eine gemeinsame sunnitische Front gegen die schiitische Islamische Republik plädiert. „Das Ganze ist das erste vorläufige Ergebnis des Schwerttanzes“, twitterte höhnisch ein enger Mitarbeiter von Irans Präsident Hassan Rohani, der damit auf Trumps Tanzeinlage bei dem traditionellen Spektakel in Riad anspielte. US-Außenminister Rex Tillerson rief die Streithähne am Golf auf, ihre Differenzen durch Dialog beizulegen und spielte die Folgen für die internationale Allianz gegen den „Islamischen Staat“ herunter. Die USA unterhalten in Katar den wichtigen Stützpunkt Al-Udeid mit 10.000 Soldaten, von dem aus alle Militäroperationen im Nahen und Mittleren Osten sowie in Afghanistan gesteuert werden.