Washington.

Die Nato-Staaten, die ihren 2001 begonnenen Kampfeinsatz Ende 2014 offiziell beendeten, haben wegen der wiedererstarkten Taliban derzeit noch mehr als 13.000 Soldaten der Nato-Mission Resolute Support in Afghanistan stationiert. Die Vorgänger-Mission Isaf hatte bis zu 132.000 Angehörige. Anders als Isaf soll Resolute Support nicht selbst in Kämpfe eingreifen, sondern lediglich die Spitzen der Afghanischen Nationalen Sicherheitskräfte ausbilden, anleiten und unterstützen.

Nach den USA (rund 7000 Soldaten, plus 1000 für Anti-Terror-Einsätze) und Italien (1000) stellt Deutschland mit 980 Soldaten das drittgrößte Kontingent. Danach kommen Georgien, Rumänien und die Türkei. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuletzt erklärt, dass die Bundeswehr, deren Parlamentsmandat Ende für den Einsatz Ende des Jahres ausläuft, keine Aufstockung plant.

Das Thema wird wegen der prekären Sicherheitslage auch in den USA heiß diskutiert. General John Nicholson, US-Oberkommandierender am Hindukusch, hatte bereits im Februar darauf gedrängt, dass derzeitige US-Kontingent um bis zu 5000 Kräfte zu erhöhen. Andernfalls laufe man in eine „Pattsituation“ mit den aufständischen Taliban, die zuletzt in immer mehr Provinzen wieder die Macht an sich gerissen haben.

Der Ruf nach mehr Soldaten wurde in Washington bis ins Weiße Haus mit Zurückhaltung aufgenommen. Seit 2001 sind über 2200 US-Soldaten im Einsatz gestorben, 17.000 wurden teilweise schwer verwundet. Die Regierung Trump wollte im Kern an der bereits unter Obama verfügten Strategie festhalten. Seit 2011 – damals waren mehr als 100.0000 US-Soldaten zwischen Kandahar und Masar-i-Scharif stationiert – wurde die militärische Präsenz drastisch zurückgefahren.

Die Taliban fügen, so ein aktueller Pentagon-Bericht, den afghanischen Truppen „schockierende Verluste“ zu. Allein in den ersten Monaten dieses Jahres seien weit über 1000 afghanische Soldaten gestorben. Die Hoffnung der USA, dass sich die Aufständischen einer politischen Lösung anschließen könnten, ist weitgehend dahin. Auch darum warb der kriegserfahrene republikanische Senator John McCain zuletzt für einen Kurswechsel und riet Trump zu einem „entschlosseneren Ansatz“.

Trump aber hat seine Entscheidung noch nicht getroffen. Auf dem jüngsten Nato-Gipfel, so deutete sein Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster an, wollte der US-Präsident die Bereitschaft der knapp 40 Staaten abfragen, die sich an Resolute Support beteiligen. Über die Auswirkung einer möglichen Truppenerhöhung machen sich die Experten allerdings keine Illusion. Selbst eine moderate Aufstockung, sagte zuletzt Trumps Geheimdienstkoordinator Dan Coats, werde nicht verhindern, dass sich die „sicherheitspolitische Lage in Afghanistan in diesem und im nächsten Jahr weiter verschlechtern wird“.