Riad/Washington.

Dem Schwerttanz vom Vorabend, bei dem Donald Trump unbeholfen, aber fröhlich in Riad ein gewaltiges Rüstungsgeschäft mit dem Gastgeberland feierte, folgte das rhetorische Florett am Rednerpult. Bei seiner ersten Visite im Nahen Osten rief der zu Hause von Affären und ersten Rufen nach Amtsenthebung geplagte Präsident Amerikas die arabisch-muslimische Welt am Sonntag in Saudi-Arabien zu einem Kraftakt auf – gegen den islamistischen Terrorismus, gesondert: gegen den Iran.

Amerikas Ziel sei eine „Koalition der Nationen“, um den Extremismus „auszurotten“, sagte Trump vor Staatschefs aus 55 muslimischen Ländern. „Dies ist keine Schlacht zwischen verschiedenen Glaubensrichtungen, verschiedenen Sekten oder Zivilisationen. Dies ist eine Schlacht zwischen barbarischen Kriminellen, die menschliches Leben vernichten wollen, und jenen Menschen aller Religionen, die es beschützen wollen. Dies ist eine Schlacht zwischen Gut und Böse.“

Amerika werde dabei an der Seite aller stehen, die sich „ehrlich dem islamistischen Extremismus“ entgegenstellten, so Trump. Aber die Region könne nicht erwarten, dass Amerika die „Fußsoldaten des Bösen“ ausschalte. Die Anrainer müssten die Zukunft „für sich und ihre Kinder“ selbst in die Hand nehmen. „Jedes Mal, wenn ein Terrorist einen Unschuldigen tötet und sich falscherweise auf Gott beruft, dann sollte das eine Beleidigung für jeden Gläubigen sein“, las Trump mit schleppender Betonung vom Teleprompter ab.

Der Stil der Rede war den Scheichs wohl etwas zu direkt

Die gut halbstündige Rede wurde anders als bei seinem Vorgänger Obama 2009 in Kairo an keiner Stelle von Wohlwollen oder Applaus unterbrochen. Vielleicht, so mutmaßten US-Analysten in ersten Stellungnahmen, war der Angang Trumps einigen der reserviert dreinschauenden Zuhörer zu direkt. „Vertreibt sie aus euren Ländern und von der Erdoberfläche“, rief Trump mehrfach in den großen Prunksaal des Konferenzzentrums und meinte damit die Kämpfer und Unterstützer des Terrornetzwerks IS. Wer deren Weg gehe, dessen Leben werde „kurz sein“ und dessen Seele „verdammt“.

Am Vortag war der seit vier Monaten amtierende Milliardär mit Pomp im XXL-Format empfangen worden. Plakatfotos mit Trump und dem saudischen König Salman unter dem Motto „Gemeinsam siegen wir“ säumten die Straßen. Kampfflugzeuge donnerten zur Begrüßung über die Köpfe hinweg. Auf die Fassade des Ritz Carlton Hotels in Riad, in dem Trump und seine Familie übernachteten, wurde die amerikanische und die saudische Flagge projiziert. Bei ihrem Treffen im Murabba-Königspalast vereinbarten die beiden Staatschefs den laut US-Regierungssprecher Spicer „größten Rüstungsauftrag“ in der amerikanischen Geschichte. Wie der saudische Außenminister Adel al-Jubeir erläuterte, will sein Land in den nächsten zehn Jahren 380 Milliarden Dollar (340 Milliarden Euro) in den USA investieren. Davon entfallen 110 Milliarden, ein Sechstel des US-Verteidigungsbudgets, auf Waffenkäufe. Das Kriegsgerät solle Saudi-Arabien helfen, dem „schädlichen Einfluss des Iran“ etwas entgegenzusetzen, erklärte US-Außenminister Rex Tillerson.

Mehrfach gingen Tillerson wie auch Trump in ihren Beiträgen dezidiert auf den saudischen Erzfeind Iran ein, der wie auch Syrien nicht eingeladen war. Den am Wochenende wiedergewählten iranischen Präsidenten Hassan Ruhani rief Tillerson auf, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit umzusetzen. Über die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien, wo zum Beispiel der Blogger Raif Badawi seit fast fünf Jahren hinter Gittern sitzt, verloren die Topvertreter der US-Regierung hingegen kein Wort. Allein Trumps Tochter Ivanka, die gegen alle Landesgepflogenheiten wie First Lady Melania Trump keine Kopfbedeckung trug, setzte sich am Rande des offiziellen Programms verklausuliert für die Rechte von Frauen ein. „Freiheiten und Chancen müssen weiter erkämpft werden“, sagte sie.

Für Saudi-Arabien hat der Trump-Besuch im Blick auf den Erzrivalen Teheran höchste strategische Bedeutung. Das Königreich kann demonstrieren, dass es als Hüter von Mekka und Medina, den beiden heiligsten Stätten des Islams, die Führungsposition unter den muslimischen Nationen hat. Mit ihren enormen Waffenverkäufen verpflichten sich die USA de facto, im Falle eines militärischen Konfliktes den Schutz der Monarchie zu garantieren. Darüber hinaus strebt Saudi-Arabien nach einer panislamischen Allianz, einer sunnitisch-muslimischen Nato, die sich als Bollwerk versteht: gegen die sunnitischen Dschihadisten und gegen die panschiitischen Militärpläne von Iran, Hisbollah, dem Assad-Regime und Iraks Milizen.

Dass Trump Riad als wichtigsten Partner im Kampf gegen den Islam-Terrorismus ausrief, ohne dabei an die starke Verbindung saudischer Attentäter zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York und Washington zu erinnern, stieß in den USA auf Kritik der demokratischen Opposition. Auch wurden dort Zweifel laut, ob eine von Trump gelobte Errungenschaft am Ende ihren Zweck erfüllen wird: Unter Beteiligung aller Golfstaaten soll in Riad demnächst ein Zentrum entstehen, das helfen soll, die Finanzströme zu Terrorgruppen wie al-Qaida, IS oder Hisbollah auszutrocknen. Sorgsam abgeschirmt, blieben dem Präsidenten Presse-Nachfragen zu der zu Hause immer prekärer werdenden FBI-Russland-Affäre erspart. Dass Trump über den von ihm wegen verweigerter Gefolgschaft gefeuerten FBI-Chef James Comey gegenüber Russlands Außenminister Lawrow übel hergezogen haben soll („Er war verrückt, ein richtiger Spinner“), blieb darum vorläufig unkommentiert.

Ebenso die Nachricht, dass die Ermittlungen in der Russland-Affäre inzwischen einen hochrangigen Mitarbeiter Trumps im Weißen Haus erreicht haben. Comey will nächste Woche im Senat öffentlich gegen den Präsidenten aussagen. „Diese dunkle Gewitterwolke“, so die „Washington Post“, wird Trump bis zum Abschluss seiner ersten Auslandsreise am Sonnabend nicht mehr los.