Berlin.

Für viele geht es nicht um Geld. Die Gründe für eine freiwillige Rückkehr sind oft privat: eine schwer erkrankte Mutter in der Heimat; die Kinder, die noch in Syrien, Afghanistan oder im Kosovo leben. Manche merken, wie schwer es sein kann, in Deutschland Fuß zu fassen.

Andere Asylsuchende wurden mit ihrem Antrag abgelehnt. 216.000 Menschen waren im März 2017 ausreisepflichtig: Bei der Hälfte war das Visum ausgelaufen oder die Ehe mit einem deutschen Partner geschieden. Die zweite Hälfte sind Flüchtlinge, deren Asyl abgelehnt wurde. Wer nicht geduldet ist, muss das Land verlassen. 2016 schob die Polizei 26.654 Personen ab.

Doch die Politik setzt mittlerweile stärker auf Programme zur freiwilligen Rückkehr. Wer auf eigene Faust nach Afghanistan, Eritrea, Irak oder Nigeria abreist, erhält vom Staat Reisekosten, eine zusätzliche Reisebeihilfe in Höhe von 200 Euro und eine einmalige Hilfe für den Neuanfang von 300 oder 500 Euro – je nach Herkunftsland.

Das Programm wird von Bund, Ländern und aus EU-Töpfen in Zusammenarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) finanziert. Seit Februar 2017 setzte der Bund mit dem Programm „Starthilfe Plus“ noch stärker auf die Rückkehr-Hilfe: bis zu 1200 Euro pro Person zusätzlich, das Budget insgesamt liegt bei 40 Millionen Euro in 2017.

54.006 Menschen reisten 2016 freiwillig zurück, 18.492 Personen mehr als 2015. Nach Informationen dieser Redaktion lag die Zahl der freiwilligen Rückkehrer im ersten Quartal 2017 bei 8468 Menschen – deutlich weniger als im ersten Quartal 2016: damals waren es 13.848. Nicht nur Personen aus dem Balkan, sondern auch Afghanen und Iraker sind bisher in 2017 deutlich weniger freiwillig ausgereist als im Vorjahreszeitraum. Die Ursachen dafür werden derzeit durch den Bund untersucht.

Ein Grund dafür kann sein, dass vor allem Menschen aus dem Westbalkan ausreisepflichtig waren und die Rückreise finanziert bekamen. Viele sind nun schon wieder in der Heimat. Auch nach Afghanistan und Irak kehrten 2016 fast 10.000 Menschen freiwillig zurück.

2017 peilt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Hunderttausende Asylentscheidungen an – weiterhin werden viele Menschen abgelehnt. Die Regierungen in Bund und Ländern stehen unter Druck: Sie wollen einerseits Abschiebungen „konsequent“ durchsetzen. Andererseits ist jeder Zwang zur Rückkehr teuer und eine Ausnahmesituation für die Polizei, vor allem aber für die abgelehnten Asylbewerber, die oftmals ohne Ankündigung nachts aus ihrer Unterkunft abgeführt werden.

Freiwillige Rückkehr wird dagegen sowohl von Hilfsorganisationen als auch von der Politik als eine „Rückkehr in Würde“ bezeichnet. Und doch: Vielen Flüchtlingen sind die Programme gar nicht bekannt. Zudem fällt die Hilfe sehr unterschiedlich aus – vom Busticket bis fast 2000 Euro zusätzlich für einen Geflüchteten, der etwa nach Afghanistan zurückkehrt.

Um Flüchtlinge besser zu informieren und die Programme bekannter zu machen, startet das BAMF gemeinsam mit IOM ein Online-Portal. Heute wird die Internetseite in Berlin vorgestellt. Nach einer Testphase sollen Menschen hier Informationen zur Rückreise in einzelne Länder sowie Hinweise über die Beratungsstellen bekommen – auf Deutsch und Englisch, aber etwa auch auf Arabisch und Farsi. Zusätzlich soll die Seite über Arbeitsmarkt, die Wohnungssituation oder das Gesundheitssystem informieren. Nicht in Deutschland – sondern im Herkunftsland.

Ole Schröder, CDU-Politiker und Staatssekretär im Bundesinnenministerium, geht 2017 angesichts der großen Zahl von Asylentscheidungen von einer Zunahme auch der Ausreisepflichtigen aus. „Die freiwillige Rückkehr ist immer vorzugswürdig. Das Instrument wird aber nur dann funktionieren, wenn wir auch ausreisepflichtige Personen, die nicht freiwillig ausreisen, konsequent in ihre Heimatländer zurückführen“, sagt Schröder dieser Redaktion.

Für die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, Louise Amtsberg, sind die Programme zur freiwilligen Rückkehr umstritten. Sie warnt von dem „Hineindrängen in die freiwillige Ausreise“ etwa während eines Asylverfahrens und betont: Es gehe nicht nur um Geld oder Informationen, sondern darum, ob und wie eine Reintegration in der Heimat möglich sei.