Kiel. Schlechtes Landtagswahlergebnis gibt der SPD Rätsel auf

Selbst Ralf Stegner, der mächtigste Mann in der schleswig-holsteinischen SPD, ist ratlos nach diesem Wahlabend. Warum haben die Sozialdemokraten die Landtagswahl derart krachend verloren? Warum hat die Drei-Prozent-Regel nicht funktioniert? Und wie geht es jetzt weiter mit der Partei und mit ihrem erfolglosen Spitzenkandidaten Torsten Albig? Der Musikfan Ralf Stegner postet jeden Morgen auf Facebook seinen Song des Tages. Am Tag nach der Landtagswahl war es „Questions“, ein gut 40 Jahre alter Song von Manfred Mann’s Earth Band. Fragen über Fragen.

Keine Frage: Die SPD steht unter Schock. „Das Ergebnis hat uns umgehauen“, sagt ein altgedienter Sozialdemokrat. Jahrzehntelang hielt sich die Nord-SPD zugute, bei Wahlen regelmäßig besser als der SPD-Bundesdurchschnitt zu sein. Drei Prozent mehr seien in Schleswig-Holstein immer drin, hieß es. Und es klang, als sei dies ein Naturgesetz. Jetzt wissen wir: Es ist kein Naturgesetz. Die SPD kann auch schlechter – sogar zwei bis drei Prozent schlechter als der Bundesdurchschnitt.

Kein Wunder, dass es jetzt bei den Genossen grummelt. Denn das Ergebnis kam für die meisten Sozialdemokraten aus heiterem Himmel. Die Partei, so empfinden sie es, lag gut im Rennen. Erst in den letzten drei Wochen vor der Wahl sei dann etwas ins Rutschen geraten. Albig zog nicht mehr. Die SPD hatte erwartet, mit dem Ministerpräsidenten gerade in dieser Phase klar punkten zu können, der SPD im Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern war das jedenfalls mit Erwin Sellering gelungen.

In Schleswig-Holstein geschah das Gegenteil: Die Persönlichkeitswerte für Albig wurden immer schlechter. Das „Bunte“-Interview von Torsten Albig und seiner neuen Lebengefährtin Bärbel Boy, das TV-Duell mit dem „Ver.di-Schlampen“-Vorwurf – all das mag dazu beigetragen haben. Aber reicht das als Erklärung?

Die SPD ist verunsichert. Sie hat überraschend hohe Zweitstimmenverluste in ihren Hochburgen, in den Städten Kiel und Lübeck, hinnehmen müssen. Warum sind die Stammwähler abgewandert? Wohin? Wie soll die SPD in Schleswig-Holstein jemals gewinnen, wenn sie nicht einmal mehr in den Städten punkten kann? Fragen über Fragen. Je genauer man sich das Wahlergebnis ansieht, desto klarer wird: Die SPD hat nicht nur eine Wahl verloren. Sie hat ihre Basis eingebüßt.

Ralf Stegner rief seine Partei gestern zur Geschlossenheit auf. „Schleswig-Holstein braucht eine starke SPD, die sich jetzt nicht auseinanderdividieren lässt“, sagte der mächtigste Mann der Nord-SPD.