Berlin.

Die rechtsextremen Umtriebe des „falschen Flüchtlings“ Franco A. hätten schon früher gestoppt werden können. Doch seine Vorgesetzten bei der Bundeswehr beließen es nach einer Masterarbeit mit fragwürdigem Inhalt bei einer mündlichen Ermahnung. In der 2013 verfassten Abschlussarbeit mit dem Titel „Politischer Wandel und Subversionsstrategie“ präsentiert der junge Soldat völkische Ideen und Verschwörungstheorien.

Er schreibt unter anderem: „Nichts in der Welt zwingt uns zu Einwanderung oder Privatisierung. Es ist eine politische Entscheidung.“ Homogenität mache eine Gesellschaft stark, so seine These. „Viele Geheimdienste operieren international. Sie werden zu Machtfaktoren und Vollstreckern. Beispiele dafür sind der Fall ‚Jürgen Möllemann‘ 2003 in Deutschland oder der Fall ‚Jörg Haider‘ 2008 in Österreich.“ In einer Fußnote führt Franco A. aus: „In beiden Fällen handelt es sich um Politiker, die ihr Leben als Folge von Attentaten verloren haben, direkt nachdem sie öffentlich gegen subversive Bewegungen Position bezogen hatten.“ Tatsächlich beging Möllemann Selbstmord und Haider verunglückte betrunken mit seinem Auto.

Schon einmal hat das Militär nicht genau hingeschaut bei einem Extremisten in den eigenen Reihen – mit verheerenden Folgen. Uwe Mundlos, der Mann, der später zum Rechtsterroristen wurde und gemeinsam mit seinen Komplizen vom „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) ab dem Jahr 2000 eine rassistisch motivierte Mordserie beging, fiel in den 90er Jahren beim Wehrdienst als Rechtsextremer auf. Vorgesetzte vernahmen ihn, holten Erkundigungen ein. In der Personalakte wurde damals vermerkt: „Die Einleitung eines disziplinargerichtlichen Verfahrens ist nicht vorgesehen. Uwe Mundlos erfüllte seinen Dienst bisher zur vollen Zufriedenheit und fiel bisher nicht negativ auf.“

Verfassungsfeindliche Einstellungen oder extremistische Bestrebungen müssen bei der Bundeswehr als sogenannte Meldepflichtige Ereignisse intern bekannt gemacht werden. Wie aus dem aktuellen Bericht des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestags hervorgeht, wurden 2016 insgesamt 63 solcher Vorfälle registriert, sechs mehr als im Jahr zuvor. Hauptsächlich ging es dabei um Propagandafälle, beispielsweise das Zeigen des Hitlergrußes, „Sieg-Heil“-Rufe und das Verbreiten einschlägiger Symbole, Texte und volksverhetzender Sprüche auf Internetportalen oder in Messengerdiensten. In elf Fällen wurden die Soldaten entlassen. Oft konnten die Betreffenden aber auch im Dienst bleiben.

Beim Militärischen Abschirmdienst (MAD) waren Anfang des Monats 275 Fälle von Rechtsextremismus in Bearbeitung, deren Bekanntwerden bis ins Jahr 2011 zurückreichen. 57 Fälle stammen aus diesem Jahr, 143 aus dem Jahr 2016. Um extremistische Bestrebungen früher zu erkennen, sollen ab 1. Juli alle Bundeswehrbewerber einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden.