Berlin.

Die Schlinge um Franco A. zieht sich zu. Noch ist er nicht in Haft. Aber die Polizei hat ihn vernommen, ist ihm auf den Fersen. In der Not wendet sich der Oberleutnant an den Mann, der ihm schon mal zur Seite stand. Anfang Februar 2017 schreibt er dem Wehrdisziplinaranwalt beim Streitkräfteamt eine Mail, der drei Jahre zuvor Vorermittlungen gegen ihn geführt und mit dem Ergebnis beendet hatte, dass Zweifel an der „erforderlichen Einstellung zur Werteordnung nicht nur nicht belegbar, sondern auszuschließen“ seien.

Damals bekommt Franco A. eine zweite Chance, er darf eine rassistische Masterarbeit korrigieren und sogar Berufssoldat werden – nie wird der Verdacht des Rechtsextremismus aktenkundig. Anfang 2017 ist die Lage ernster. In Wien ist er am Flughafen mit einer verdächtigen Waffe aufgegriffen worden. Dem Disziplinaranwalt tischt er eine abenteuerliche Version auf. Er sei Ende 2016 mit Kameraden beim Opernball gewesen, habe zuviel getrunken und sich „stark alkoholisiert“ an einer Grünanlage erleichtert. Dort habe er zufällig eine Pistole gefunden und sie eingesteckt. Erst am nächsten Tag – sorry, harter „Kater“ – habe er sie am Flughafen wieder in seiner Jacke gespürt und in der Not in einer Toilette versteckt. Franco A. will jetzt eine Aussage machen und bittet den Disziplinaranwalt um Hilfe bei den Formulierungen. Noch glaubt er, dass ihm nur unerlaubter Waffenbesitz vorgeworfen wird. In Wahrheit steht er unter Terrorverdacht, weil er als Rechtsextremist gilt und sich als Flüchtling, als falscher Syrer, registrieren ließ. Plante er einen Anschlag und wollte eine falsche Spur legen?

Inzwischen sitzen er und ein Student in Haft, drei weitere Soldaten werden vernommen. Die Ermittlungen von Bundeskriminalamt (BKA) und Militärischer Abschirmdienst (MAD) laufen. Von einem Terrornetzwerk möchte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Wolfgang Hellmich (SPD), nicht reden, aber von einer „Keimzelle“.

Der Kontakt von Franco A. zum Wehrdisziplinaranwalt findet sich in einem Aktenvermerk, die der Jurist anfertigte – in der vergangenen Woche, als der Fall auffliegt und das Doppelleben von Franco A. als Rechtsextremist und Offizier, Soldat und Scheinflüchtling für Schlagzeilen sorgt. Die Original-Mail hat der Anwalt gelöscht. An der Episode sieht man, wie lange Franco A. gedeckt wurde und wie lückenhaft die Dokumentation ist. Schon im Januar 2014, als er einer französischen Militärakademie mit einer rassistischen Masterarbeit auffällt und damit deren Leitung irritiert, findet er Unterstützer.

Nach einem Vermerk des Streitkräfteamts verwenden sich ein französischer Priester und ein Dozent für ihn. Sie nehmen Franco A. ab, dass er Rassenthesen nur in einer Art Rollenspiel beschrieben habe. „Wenn es ein französischer Lehrgangsteilnehmer wäre, würden wir ihn ablösen“, sagt General Antoine Windeck, der französische Leiter der Studentengruppe. Franco A ist kein Franzose, sondern Offizier der Bundeswehr, wo „weggeschaut“ wird, wie Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagt, „das gärt dann, bis es zum Eklat kommt“. Es ist so weit.