Berlin. Forscher: Ärzte unterschätzen gravierende Nebenwirkungen – Patienten schlecht informiert

Viele Ärzte und Patienten ignorieren noch immer Warnungen vor einer bestimmten Gruppe von Antibiotika, die schwere Nebenwirkungen haben können. Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), die dieser Zeitung vorliegt.

„Obwohl die Gefahren durch diese Wirkstoffe von den Arzneimittelbehörden in mehreren Ländern noch einmal neu bewertet werden, greifen Ärzte offenbar noch häufig darauf zurück“, sagte der Vizechef des Instituts, Helmut Schröder.

Patienten sollten auf die Gefahren durch diese Medikamente und auf Alternativen hingewiesen werden. Es handle sich grundsätzlich um therapeutisch wirkungsvolle Medikamente, „aber sie sollten wegen der möglichen gravierenden Nebenwirkungen nur nach gründlicher Abwägung von Nutzen und Risiko angewendet werden“. Die Namen der Wirkstoffe, um die es geht, enden auf „-floxacin“. Die Gruppe der Antibiotika heißt „Fluorchinolone“.

Nach der Auswertung von Rezeptdaten aus mehreren Jahren hat das AOK-Institut festgestellt, dass etwa jedes siebte verordnete Antibiotikum zu dieser gefährlichen Gruppe gehört. Der Anteil dieser Medikamente an allen Antibiotikaverordnungen hat sich kaum verringert. Im März 2017 lag er noch immer bei 12,9 Prozent. Im ersten Quartal 2015 waren es 14,3 Prozent.

Die Liste der Nebenwirkungen, die mit diesen Antibiotika in Verbindung gebracht werden, umfasst Sehnenentzündungen, Gelenkschmerzen, Herzrasen, Durchfall oder Schlafstörungen. Auch Halluzinationen und Depressionen sollen vorkommen können. Derzeit überprüft die Europäische Arzneimittelbehörde EMA erneut das Risiko, das durch die Fluorchinolone entsteht.