Berlin .

Sie kennen sich, sie respektieren sich, sie zoffen sich. Kaum ein Polit-Paar auf der internationalen Bühne weiß besser über den jeweils anderen Bescheid als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der russische Präsident Wladimir Putin. Auch beim heutigen Treffen im russischen Bade- und Ferienort Sotschi am Schwarzen Meer dürften die beiden mit Meinungsverschiedenheiten nicht hinter dem Berg halten. Aus deutscher Sicht lassen sich die Reibungspunkte auf folgende Formel bringen: Krim-Annexion, Destabilisierung der Ostukraine, Syrien-Intervention durch Moskau.

Immer wieder kommt es zu unerwarteten Ereignissen. Auch bei Merkels letztem Besuch in Russland im Mai 2015 hatte Putin eine Überraschung parat. Während einer Kranzniederlegung zum Weltkriegsgedenken fand eine Mini-Militärparade statt. Eine kleine Machtdemonstration in der heißen Phase der Ukraine-Krise.

Das Ukraine-Thema dürfte auch die heutigen Gespräche beherrschen. In der vergangenen Woche war erstmals ein Mitarbeiter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Donbass umgekommen. Beobachter rechnen damit, dass die Kanzlerin gegenüber Putin eine Verhandlungslösung für die Ukraine anmahnt. Die Rolle als diplomatische Klartextrednerin - Position beziehen, ohne groß Porzellan zu zerschlagen - liegt ihr. Am Sonntag hatte sie die Saudis zu einer politischen Beilegung des Bürgerkriegs im Jemen gedrängt, in dem Riad vor mehr als zwei Jahren militärisch eingegriffen hatte. Deutschland könne hier vermitteln, kündigte sie am Montag bei einem Zwischenstopp in Abu Dhabi an.

Merkels Tonlage unterscheidet sich deutlich von der ihres Vorgängers Gerhard Schröder (SPD). Die Männerfreundschaft zwischen dem Niedersachsen und Putin stand im Mittelpunkt der bilateralen Beziehungen. Öffentliche Kritik an Moskau galt als tabu. Unter Merkel war das deutsch-russische Verhältnis von Beginn an komplex, aber nie konfrontativ. Bereits bei ihrem Antrittsbesuch im Kreml im Januar 2006 hatte sich die Kanzlerin nicht mit Missfallensäußerungen zurückgehalten. So rügte sie Russlands Militäreinsatz in Tschetschenien. Dennoch bemühte sie sich um ein geschäftsmäßiges Klima.

Schlagzeilen machte das Treffen im Januar 2007 in Sotschi. Putin brachte seinen Labrador Koni mit. Merkel musste sich eingeschüchtert fühlen, da sie seit ihrer Kindheit eine Phobie vor Hunden hatte. Ein derartiger Schockeffekt sei heute nicht mehr möglich, heißt es im Kanzleramt. Merkel habe die Angststörung inzwischen überwunden.