Berlin.

Nach dem Verfassungsreferendum in der Türkei wächst die Kritik am Abstimmungsverhalten der in Deutschland lebenden Türken.

Von ihnen hätte sie sich „ein klares Bekenntnis zu Rechtsstaatlichkeit und Demokratie gewünscht“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt dieser Zeitung. Leider sei „genau das Gegenteil“ passiert. Eine große Mehrheit der Türken, die in Deutschland alle demokratischen Freiheiten in Anspruch nehme, habe „der Verfassungsänderung zugestimmt und damit die eigenen Landsleute dazu verurteilt, künftig in einem autoritären Staat zu leben“. Während in der Türkei nach dem vorläufigen Endergebnis 51,4 Prozent für ein Präsidialsystem stimmten, waren es in Deutschland 63,1 Prozent. Zugleich forderte die CSU-Politikerin ein Aussetzen der europäischen Beitrittsverhandlungen mit Ankara.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte am Montagabend, ihm sei gleichgültig, ob die EU den Beitrittsprozess einfriere und brachte seinerseits ein Referendum über einen Abbruch des Beitrittsprozesses durch die Türkei ins Spiel.

Die Bundesregierung rief Erdogan dazu auf, „einen respektvollen Dialog mit allen politischen und gesellschaftlichen Kräften des Landes“ zu suchen. Der knappe Ausgang zeige, wie tief die Gesellschaft gespalten sei, „das bedeutet große Verantwortung für die türkische Staatsführung“, erklärten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD).

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sprach von einem „schwarzen Tag“ für die Türkei. Angesichts des knappen Ergebnisses drohten „instabile Verhältnisse“, sagte er unserer Zeitung. Der FDP-Chef stellte die Fortsetzung der EU-Beitrittsverhandlungen infrage. „Wenn das Referendum Bestand hat, kann die Türkei kein Mitglied der EU werden.“