Athen.

Bei der Volksabstimmung in der Türkei am 16. April geht es für Präsident Recep Tayyip Erdogan ums Ganze. Erdogan und die islamisch-konservative Regierung wollen die parlamentarische Demokratie durch ein Präsidialsystem ersetzen. Es soll nahezu unumschränkte Macht in den Händen des Staatsoberhauptes bündeln. Das bisherige türkische Grundgesetz beschränkte ihn weitgehend auf repräsentative Aufgaben. Erdogan hatte seit seiner Wahl zum Präsidenten im August 2014 allerdings eigenmächtig viele Kompetenzen an sich gezogen. Das Präsidialsystem gibt es de facto bereits. Es soll jetzt nur noch legalisiert werden.

Die Große Nationalversammlung wird mit der Reform zwar von 550 auf 600 Abgeordnete erweitert, verliert aber viele ihrer Befugnisse. So kann der Präsident künftig das Land im Alleingang mit Dekreten regieren, die auch ohne Zustimmung des Parlaments Gesetzeskraft haben. Die Nationalversammlung kann zwar Gesetze vorschlagen. Der Staatspräsident hat aber die Möglichkeit, sie mit seinem Veto zu blockieren. Das Amt des Premierministers wird abgeschafft, seine Kompetenzen gehen an den Staatschef über. Er kann eigenmächtig Ministerien einrichten oder abschaffen, Minister berufen oder entlassen. Der Präsident beruft seine Stellvertreter, bestimmt die Rektoren der Universitäten und hat weitgehende Befugnisse bei der Ernennung leitender Richter und Staatsanwälte. Er kann den Notstand ausrufen und das Parlament nach Gutdünken auflösen. Die Bestimmung der bisherigen Verfassung, wonach das Staatsoberhaupt parteipolitisch neutral zu sein hat, wird gestrichen. Der türkische Staatschef bekäme unter dem neuen System weit mehr Befugnisse als etwa die Präsidenten Frankreichs oder der USA. Deren Macht wird durch das System der Gewaltenteilung begrenzt.