Berlin. Bundesregierung will stärker gegen Hasskommentare im Internet vorgehen

Beleidigung, Bedrohung oder Volksverhetzung: Bereits heute müssen Facebook & Co. Kommentare mit strafbarem Inhalt löschen. Doch weil dies oft nicht oder erst spät passiert, will die Bundesregierung nun per Gesetz Druck machen: Am Mittwoch verabschiedete das Kabinett einen Entwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), der den Betreibern sozialer Netzwerke mit Millionenstrafen droht, wenn sie ihrer Verantwortung nicht nachkommen. Experten sehen in dem Hass im Internet eine Ursache für die wachsende Gewalt – etwa gegen Geflüchtete. Kritiker sehen die Meinungsfreiheit im Internet in Gefahr.

Soziale Netzwerke müssen ihr Beschwerdewesen nun so organisieren, dass offenkundig strafbare Inhalte binnen 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde gelöscht werden, in komplizierteren Fällen haben sie sieben Tage Zeit. Ansonsten droht eine Geldbuße von bis zu 50 Millionen Euro.

Jeder private Nutzer kann schon heute Profilseiten, Kommentare, Bilder oder Videos bei dem Betreiber melden. Organisationen wie jugendschutz.net melden auffällige Beiträge. Auch Unternehmen wie Facebook prüfen Inhalte. Nach dem neuen Gesetz können sich Nutzer nun direkt an das Bundesamt für Justiz wenden, sofern die Firmen die Löschfristen nicht einhalten. Es kann dann als Bußgeldbehörde fungieren und Gerichte einschalten.

Grünen-Politikerin Renate Künast fürchtet um die Meinungsfreiheit: Die Bußgelder in Millionenhöhe seien „fast eine Einladung dafür, nicht nur wirkliche Beleidigungen zu löschen, sondern am Ende sicherheitshalber alles“. Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) kritisierte das Gesetz ebenfalls. „Das läuft auf die staatliche Einsetzung privater Meinungspolizei hinaus“, sagte Stephan Holthoff-Pförtner, VDZ-Präsident und Gesellschafter der FUNKE Mediengruppe. „Und das Ergebnis ist die Gefährdung der Meinungsfreiheit.“ Ein Unternehmen sei nicht in der Lage, die Wahrheit oder Unwahrheit kritischer Behauptungen zu überprüfen. „Es hat dafür weder die Ressourcen noch die nötigen Ermittlungsrechte“, so Holthoff-Pförtner. Auch Facebook sieht es kritisch, dass nun Firmen anstelle von Gerichten darüber entscheiden, welche Inhalte illegal sind.