Berlin.

Es gibt ihn noch, den Schulz-Hype. Zumindest bei den Sozialdemokraten. In der Zeche Zollverein in Essen schwor SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz am Sonntag seine Partei auf den Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen (NRW) ein – und erntete von den 1400 Genossen viel Applaus.

Schulz kritisierte die AfD – diese sei keine Alternative für Deutschland, sondern eine „Schande für die Bundesrepublik“ und dürfe nicht in den NRW-Landtag einziehen. Zudem plädierte er für mehr Investitionen in Bildung und Erziehung. Kein Kind dürfe zurückgelassen werden, sagte Schulz.

Rund 13 Millionen Wahlberechtigte in NRW können am 14. Mai ihre Stimme abgeben. Die Landtagswahl gilt als Test für den Bund. Wer hier gewinnt, hat gute Chancen auf den Sieg bei der Bundestagswahl im September. Ein Beispiel dafür ist das Jahr 2005, als Jürgen Rüttgers (CDU) gegen den Ministerpräsidenten Peer Steinbrück (SPD) gewann und ein paar Monate später im Bund Angela Merkel (CDU) über Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) – wenn auch nur knapp – triumphierte. Und so rief Schulz, wenn NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft die NRW-Wahl gewinne, verheiße das auch: „Die SPD wird stärkste Kraft in Deutschland und ich werde Bundeskanzler.“

Bei der CDU zeichnet sich ab, dass sie mit familienpolitischen Themen im Wahlkampf punkten will. Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) möchte die Familie ins Zentrum des Bundestagswahlkampfs der Union stellen. „Die Union wird mit eigenen Vorhaben um Zustimmung werben. Wir werden insbesondere Familien mit Kindern noch stärker unterstützen“, sagt Altmaier dieser Zeitung. „Dies bezieht sich auf Eigentums- und Vermögensbildung, Betreuung und Bildung.“ Die Union sei die Partei, bei der „Wachstum, Wohlstand und soziale Gerechtigkeit glaubwürdig ihren Platz haben“. Ähnlich äußerte sich der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU).

Überraschend deutlich hatte Angela Merkel ihren Herausforderer Schulz am Sonnabend attackiert. „Sie reden von Gerechtigkeit – aber vergessen, dass Gerechtigkeit ohne Innovation nicht klappt“, sagte die Bundeskanzlerin auf dem Parteitag der nordrhein-westfälischen CDU in Münster. Innovation und Gerechtigkeit waren die Schlagworte, unter denen der letzte SPD-Kanzler Gerhard Schröder 1998 Wahlkampf machte.

Am Wochenende nahm zudem die Diskussion über Machtoptionen Fahrt auf. Viele Bündnisse scheinen möglich – im Vorfeld der Wahl zum Bundestag im September: große Koalition, Rot-Rot-Grün oder sogar eine Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen. Schulz schließt bisher keine Option aus. Doch er und auch der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel sollen intern betont haben, dass eine „Ampel“ ihr bevorzugtes Bündnis sei.

Bei der SPD steht hinter dem Werben für die „Ampel“ auch die Abneigung gegen eine Regierung mit der Linken. „Ich glaube aber nicht, dass man das hinbekommt, solange die Familie Lafontaine in der Linkspartei tonangebend ist“, kommentierte Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) im „Spiegel“ die rot-rot-grünen Gedankenspiele. Damit nahm er Bezug auf den Ex-Linke-Chef Oskar Lafontaine und seine Frau Sahra Wagenknecht, die Spitzenkandidatin der Partei im Bund ist.