Moskau.

Bei einer Demonstration am Sonntag in Moskau nahmen die Ordnungshüter laut der Rechtsbeobachtungsgruppe OWD-Info mehr als 1000 Menschen fest. Postsowjetischer Rekord. Nach verschiedenen Angaben hatten 7000 bis 25.000 Menschen an der nicht genehmigten Protestaktion im Stadtzentrum teilgenommen. Die Polizei begann sofort gezielt, die aktivsten Demonstranten festzunehmen.

Der nationalliberale Oppositionspolitiker Alekej Nawalny wurde am Montag zu 15 Tagen Haft verurteilt. Ein Gericht befand ihn für schuldig, bei der Demonstration Weisungen eines Polizisten ignoriert zu haben. Dasselbe Gericht hatte ihn kurz zuvor zu einer Geldstrafe von umgerechnet 325 Euro verurteilt. Nawalny gab für die Kundgebung Parolen aus, die sich in erster Linie gegen Premier Medwedew richteten. Dessen mutmaßlich korrupten Reichtum hatte er erst vor Kurzem in einem Film enthüllt.

Aber Medwedew war für einen Großteil der Demonstranten nur ein Anlass, um gegen das Regime des Präsidenten Wladimir Putin zu protestieren. Und statt Medwedews Rücktritt zu fordern, skandierten die Moskauer: „Impeachment, Impeachment.“ Im Gegensatz zu den liberalen Protesten der Jahre 2011/2012 geht plötzlich auch die Provinz auf die Straße. Laut Radio Echo Moskwy demonstrierten in 82 Städten etwa 60.000 Menschen. Viele, die am Sonntag protestierten, haben im Leben nur einen politischen Führer gesehen: Wladimir Putin. Der Moskauer PR-Experte Grigori Naumow schließt nicht aus, dass die jugendlichen Protestler einen neuen Trend setzen könnten. „Selfies aus vergitterten Polizeibussen sind total cool, jeder der Festgenommenen gilt bei seinen Altersgenossen als Held. Dagegen sein, könnte Mode werden.“