Berlin/Rom. Merkel erwartet nach Brexit keine weiteren Austritte. Gemeinsame Erklärung geplant

Zum 60. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge hat Papst Franziskus die Europäische Union eindringlich zu Solidarität und Zusammenhalt aufgerufen. Bei einer Audienz für die Staats- und Regierungschefs der EU im Vatikan sagte der Papst, Solidarität sei das wirksamste Heilmittel gegen die modernen Formen des Populismus, dürfe aber nicht nur aus Worten bestehen. „Die Solidarität ist nicht nur ein guter Vorsatz. Sie ist gekennzeichnet durch konkrete Taten und Handlungen“, betonte er. Populistische Strömungen seien dagegen „Blüten des Egoismus“. Bei der Audienz war neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den 26 anderen „Chefs“ auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker dabei.

Die Gründungsideale der EU dürften nicht auf wirtschaftliche und finanzielle Erfordernisse reduziert werden, sagte der Papst weiter. „Man kann sich nicht darauf beschränken, die schwerwiegende Flüchtlingskrise dieser Jahre so zu bewältigen, als sei sie nur ein zahlenmäßiges, wirtschaftliches oder die Sicherheit betreffendes Problem.“ Es gehe um „eine tiefere Frage, die vor allem kultureller Natur ist“.

Kanzlerin Merkel hatte zuvor gesagt, der Weg der EU führe in Richtung mehr Zusammenarbeit. Sie erwarte nach der Brexit-Entscheidung der Briten keine weiteren Austritte. Am Sonnabend feiern 27 EU-Staats- und Regierungschefs in Rom die Unterzeichnung der Römischen Verträge vor 60 Jahren, die zur Grundlage für die EU wurden. Nach Expertenmeinung werden alle Staaten eine gemeinsame Erklärung verabschieden – auch Polen, das beim vergangenen Gipfel mit seiner Blockade bei der Wiederwahl Donald Tusks als EU-Ratspräsident für einen Eklat gesorgt hatte.

„Stolz“ blicke man auf das zurück, was die EU erreicht habe, heißt es in dem Text, der sich an der Berliner Erklärung von 2007 orientiert. Doch anders als damals sind die Herausforderungen für die EU heute nicht mehr „groß“, sondern „beispiellos“. Dazu zählt die EU „regionale Konflikte, Terrorismus, wachsenden Migrationsdruck, Protektionismus, sowie soziale und wirtschaftliche Ungleichheit“. In der Erklärung wird davor gewarnt, dass die EU im globalen Kräftespiel an den Rand gedrängt werde, falls Mitgliedsländer allein vorangingen: „Einigkeit ist eine Notwendigkeit und unser freier Wille.“