Berlin.

Nichts ist normal bei diesem deutsch-türkischen Außenministertreffen. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) schleicht sich am frühen Mittwochmorgen durch die Hintertür in das ehrwürdige Berliner Hotel Adlon, um seinen türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu zu sprechen. Normalerweise würde ein solches Treffen im Auswärtigen Amt stattfinden und es würde auch nicht auf 07.30 Uhr in der Früh terminiert. Cavusoglu hat aber noch einen Anschlusstermin, der ihm offenbar wichtiger ist. Der aus dem Ferienort Alanya stammende Minister will auf die Tourismusmesse ITB. Da geht es um Geld, um viel Geld deutscher Touristen für die Leute in seinem Wahlkreis. Das ist der eigentliche Anlass für seine Deutschland-Reise.

Gabriel besucht also Cavusoglu im Hotel, nicht umgekehrt. Es gibt auch keine gemeinsame Pressekonferenz. Immerhin begleitet Cavusoglu Gabriel nach dem Frühstück noch zur Hintertür. Wenige Minuten später steht Gabriel alleine im Auswärtigen Amt. Er ignoriert, dass sein türkischer Kollege nur wenige Stunden zuvor in Hamburg vor Hunderten Unterstützern für die umstrittene türkische Verfassungsreform geworben hat. Vom Balkon der Residenz des Generalkonsuls herab brandmarkte er Absagen an Wahlkampfauftritte türkischer Politiker als „systematisches“ Vorgehen Deutschlands mit Nazi-Mathoden. „Es gibt Grenzen, die man nicht überschreiten darf“, sagt der Vizekanzler. Keine Nazi-Vergleiche mehr. Dann kann man über alles sprechen.

Gabriel ruft dazu auf, die starken Bindungen zwischen beiden Ländern nicht zu riskieren. Gerade die Türken in Deutschland seien immer Brückenbauer gewesen, sagt er. „Ich finde, dass wir bei allen Schwierigkeiten, die wir heute haben, uns an die großartigen Erfolge dieser Freundschaft, die Zusammenarbeit, den Aufbau unseres Landes erinnern müssen.“ Gabriel versucht, eine gewisse Zuversicht zu verbreiten, dass schon alles wieder gut werden wird. Innerhalb von nicht einmal zwei Wochen – seit der Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel – ist ziemlich viel Porzellan zerschlagen worden. Persönliche Gespräche sind jetzt die einzige Möglichkeit, zumindest eine Entschärfung herbeizuführen. „Wir waren uns einig, dass keine der beiden Seiten ein Interesse daran hat, die Beziehungen nachhaltig zu beschädigen“, sagt Gabriel.

Bei Cavusoglu klingt das anders. Er schiebt die Verantwortung für die jüngste Eskalation alleine der deutschen Seite zu. Er sagt, deutsche Politiker und Medien ließen „anti-türkische“ und „islamfeindliche“ Tendenzen erkennen und dass dies eine „sehr große Bedrohung“ für das Verhältnis zwischen beiden Staaten sei. Immerhin vereinbaren beide Minister, den Dialog fortzusetzen.