Stockholm. Grund für die Entscheidung sind ein Mangel an Freiwilligen und die verschärfte Sicherheitslage

In Schweden soll wieder die allgemeine Wehrpflicht gelten. Das hat die rot-grüne Minderheitsregierung des Landes am Donnerstag beschlossen. Die Pflicht war im Jahr 2010 von einer bürgerlichen Vorgängerregierung abgeschafft worden. Im Zuge der Gleichberechtigung wird sie nun erstmals auch Frauen einbeziehen.

Schon ab 1. Juli soll die Musterungspflicht für alle gelten, die im Jahr 1999 geboren wurden – außerdem für einen Teil der im Jahr 2000 Geborenen. Das sind rund 100.000 Personen. Letztlich werden aber nur 13.000 zur Musterung einberufen. 4000 werden dann 2018 den Grundwehrdienst leisten, darunter auch Freiwillige älterer Jahrgänge. Einem Großteil der 18-Jährigen bleibt der Dienst an der Waffe somit erst einmal erspart. Allerdings stellt die Regierung für die kommenden Jahre eine stetige Ausweitung auf deutlich mehr Wehrpflichtige in Aussicht.

Für die Wiedereinführung der Wehrpflicht macht Rot-Grün die veränderte Sicherheitslage verantwortlich. Zudem hat das Militär seit der Einführung einer Berufsarmee vor sechs Jahren trotz vieler Werbekampagnen große Probleme, genügend Freiwillige zu finden. „Das müssen wir irgendwie beheben“, sagte der sozialdemokratische Verteidigungsminister Peter Hultqvist am Donnerstag.

Frühere Regierungspartei: Abschaffung war ein Fehler

Rot-Grün hatte bereits zuvor beschlossen, nach Jahren der Kürzungen im Militärhaushalt durch bürgerliche Vorgängerregierungen wieder kräftig aufzurüsten. In Schweden standen in den vergangenen zehn Jahren vor allem die Sozialdemokraten für eine starke Armee, während rechtsliberale Regierungen umfangreiche Kürzungen vornahmen und Standorte schlossen. Die Armee sollte zu einer schnellen internationalen Einsatztruppe verschlankt werden.

Das erregte viel Protest. „Schweden kann sich gegen einen Angriff mit einem begrenzten Ziel ungefähr eine Woche allein verteidigen“, polterte etwa Schwedens damaliger Oberbefehlshaber Sverker Göranson öffentlich. Danach benötige sein neutrales Land ohne Nato-Schutzpakt Hilfe von außen. Aber von wem, fragte er kritisch.

Nun will Schweden wieder auf eine umfassende Landesverteidigung setzten. Dazu braucht es die allgemeine Wehrpflicht als Grundbaustein. Die sich gern als feministisch bezeichnende rot-grüne Regierung erhofft sich durch die Wehrpflicht für Frauen auch eine ausgewogenere Armee. Auch sei ein gemischter Arbeitsplatz attraktiver. „Ich glaube, das wird zu einer besseren Stimmung und mehr Effektivität führen“, sagte Verteidigungsminister Hultqvist.

Auch die bürgerlichen Oppositionsparteien begrüßten die Wiedereinführung der Wehrpflicht. „Es war falsch von uns, die Wehrpflicht damals abzuschaffen, als Russland gerade in Georgien einmarschierte“, räumte etwa Jan Björklund, Parteichef der Liberalen, ein. Auch die Linkspartei zeigte sich erfreut. Sie stützt die rot-grüne Minderheitsregierung im Parlament und hat einen Kurswechsel hin zur Wiedereinführung der Wehrpflicht und Aufrüstung hinter sich. Dies vor allem, weil sie möchte, das Schweden nicht gezwungen wird, der Nato beizutreten. Um bündnisfrei zu bleiben, bedürfe es einer starken Armee, so die Linkspartei. Auch Grüne und Sozialdemokraten teilen diese Auffassung im Ansatz. In der schwedischen Bevölkerung ist die Mehrheit für die Bündnisfreiheit. Allerdings ist inzwischen eine größer werdende Minderheit der Bürger für eine Nato-Mitgliedschaft.