Brüssel .

Angesichts von Brexit und zunehmender Europaskepsis hat die EU-Kommission radikale Konzepte für eine Reform der EU vorgestellt. „Die Zukunft Europas liegt in unserer Hand“, sagte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker bei der Präsentation des Grundsatzpapiers am Mittwoch im Europaparlament. Fest steht für ihn: Die EU muss „ein neues Kapitel aufschlagen“.

Die EU stehe für 70 Jahre Frieden, Freiheit und Wohlstand, hieß es in dem Papier. „Trotzdem empfinden viele Europäer die EU entweder als zu weit entfernt oder als sich zu sehr in den Alltag einmischend.“ Die fünf präsentierten Szenarien reichen von einer radikalen Rückbesinnung auf den Binnenmarkt und einem Verzicht auf weitere politische Vertiefung der EU bis hin zu einem Modell der Vereinigten Staaten von Europa, in dem die 27 verbleibenden EU-Länder mehr Beschlüsse gemeinsam treffen und Entscheidungsgewalt von der nationalen Ebene abgeben würden. Dazwischen liegen noch ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten, eine Konzentration auf einige wenige wichtige Politikbereiche, in denen dann mehr gemeinsame Beschlüsse getroffen würden, sowie ein Modell, das im Wesentlichen ein „Weiter so“ bedeuten würde.

Das sachte Vortasten Junckers empfinden manche Kritiker als Feigheit. Die EU-Kommission traue sich nicht zu, für „einen klaren Weg nach vorne zu werben“, bemängelt der Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer. Auch Alexander Graf Lambsdorff, der für die FDP im EU-Parlament sitzt, reicht das „Sammelsurium“ nicht. Beifall spendet hingegen der Chef der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber (CSU), der das Weißbuch als „gute Grundlage für Diskussionen“ im Europaparlament und mit den Staats- und Regierungschefs sieht.