Istanbul.

Trotz massiven Drucks auf die Türkei wegen der Verhaftung des „Welt“-Journalisten Deniz Yücel gibt es keinerlei Anzeichen für ein Einlenken Ankaras. Der türkische Justizminister Bekir Bozdag verwies am Mittwoch auf die Unabhängigkeit der Gerichte. „Das sind Urteile der unabhängigen türkischen Justiz und keine politischen Urteile“, sagte Bozdag in Straßburg.

Regierungssprecher Steffen Seibert warnte vor einer weiteren Belastung des deutsch-türkischen Verhältnisses. „Die Bundeskanzlerin und die gesamte Bundesregierung erwarten, dass Yücel so bald wie möglich wieder auf freien Fuß kommt“, sagte Seibert. Kanzlerin Angela Merkel bedauere die Inhaftierung und halte sie für eine „unverständliche Entscheidung“.

Die EU-Kommission verknüpfte den Fall mit dem möglichen EU-Beitritt. Als Beitrittskandidat müsse die Türkei „die höchsten demokratischen Standards und Praktiken erfüllen“, sagte eine Sprecherin. Die EU-Kommission sei „ernsthaft besorgt über die Inhaftierung einer hohen Zahl von Journalisten und die selektive und willkürliche Anwendung der Anti-Terror-Gesetzgebung“. Laut Reporter ohne Grenzen sitzen 150 Journalisten in türkischen Gefängnissen.

Yücel wurde am Mittwoch in das Gefängnis in Silivri rund 80 Kilometer westlich von Istanbul verlegt, berichtete die „Welt“. Ihm wird Terrorpropaganda vorgeworfen. Ein Haftrichter in Istanbul hatte am Montag Untersuchungshaft angeordnet. Diese kann fünf Jahre dauern, bis es zur Freilassung oder zum Prozess kommt.