Berlin.

Hilfspakete, Institutionen, Kredite, Tranchen, Krise: Griechenland war über den Brexit und die Wahl des US-Präsidenten Donald Trump etwas in den Hintergrund gerückt. Doch ein Treffen der Euro-Finanzminister am Montag in Brüssel und der Besuch von IWF-Chefin Christine Lagarde bei Bundeskanzlerin Angela Merkel an diesem Mittwoch rücken das Land wieder in den Mittelpunkt.

Wie geht es Griechenland?

Nach wie vor hat Athen von allen Ländern des Euro-Raums die größten wirtschaftlichen und institutionellen Probleme. Es geht nicht wirklich voran mit der Liberalisierung des Arbeitsmarkts oder der Reform der staatlichen Rente. Doch bereits jetzt stöhnen die griechischen Bürger: Ihre Löhne, Gehälter und Renten sind teils um hohe zweistellige Prozentsätze gekürzt worden. Zum 1. Januar traten außerdem neue indirekte Steuern und eine Erhöhung der Einkommenssteuer in Kraft. Dennoch hat Athen Schulden in Höhe von 315 Milliarden Euro angehäuft, die Gesamtverschuldung liegt bei etwa 183 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Wirtschaft des Landes zog zuletzt allerdings an, auch bei den Haushaltszielen lag Athen 2016 über den Vorgaben der Geldgeber. Ministerpräsident Alexis Tsipras, der im Januar 2015 als radikaler Sparkurs-Gegner gewählt wurde, steht dennoch mit dem Rücken zur Wand. Die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) und ihr Chef Kyriakos Mitsotakis liegt in Umfragen um bis zu zwölf Prozentpunkte vorn.


Was bedeuten die Beschlüsse
der Euro-Finanzminister?

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem läutete einen Paradigmenwechsel ein: Weg von der Sparpolitik, hin zu mehr Strukturreformen und Wirtschaftswachstum. Damit soll das Land auch langfristig stabilisiert werden. Zunächst sollen nun die Vertreter der Institutionen (Internationaler Währungsfonds, EU-Kommission, Europäische Zentralbank und der Europäische Stabilitätsmechanismus) in die griechische Hauptstadt zurückkehren. Die ehemalige „Troika“ soll die Reformen begleiten und letztlich auch überwachen. Die Tsipras-Regierung hatte sich in der Vergangenheit gegen eine „Gängelung“ von externen Beratern gewehrt. Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) bleibt dennoch skeptisch: „Das ist alles gut und schön, aber ich will Fakten sehen. Wenn die nicht stimmig sind, dann bin ich nicht bereit für einen Paradigmenwechsel.“ Athen müsse sich daran halten, was zuletzt versprochen wurde. „Es braucht Strukturreformen, daran führt kein Weg vorbei. Zum Beispiel muss dringend die Rentenreform kommen. In Griechenland beträgt der staatliche Zuschuss rund zehn Prozent, bei uns sind es etwa zwei Prozent.“

Warum heben die Finanzminister plötzlich das Wachstum so hervor?

Letztlich geht es darum, den IWF und seine Chefin Lagarde ins Boot zu holen. Der Fonds ist momentan nur beratend dabei, plädiert für einen Schuldenschnitt, also für das Streichen von Schulden, wogegen sich wiederum vor allem Deutschland wehrt. Allerdings hat der Deutsche Bundestag bei seiner Zustimmung die Auszahlung der Tranchen des dritten Hilfspakets von einer Beteiligung des IWF abhängig gemacht. „Das ist auch die Bedingung der Unionsfraktion, für die es keinerlei Einschränkungen gibt. Wir brauchen eine ausreichend materielle Beteiligung des IWF sowie seine Expertise“, betont Fuchs. „Schönheitsreparaturen reichen definitiv nicht aus.“ Er setzt darauf, dass Merkel bei ihren Gesprächen mit Lagarde diese Linie verfolgt.

Bekommt Griechenland denn
derzeit noch Hilfe?

Gerungen wird um eben jenes dritte Hilfsprogramm, das im Sommer 2015 beschlossen wurde. Im Gegenzug für Finanzhilfen von bis zu 86 Milliarden Euro hatte sich Griechenland verpflichtet, schrittweise eine Reihe an Spar- und Reformmaßnahmen umzusetzen. Überprüfung und Bewertung der Reformfortschritte sollten bereits im Dezember 2016 abgeschlossen sein. Doch wichtige Maßnahmen wurden nicht umgesetzt. Und die Zeit wird knapp: Griechenland muss im Sommer Kredite in Milliardenhöhe zurückzahlen, die das Land nicht alleine wird stemmen können. Für Fuchs ist daher die rote Linie überschritten: „Die Tranchen des dritten Hilfspakets können nur dann ausgezahlt werden, wenn die Sparreformen erfolgen“, betont der Unionswirtschaftsexperte. „Wenn man anfängt, hier aufzuweichen, dann wird es keine Reformanstrengungen in Athen mehr geben.“

Wie reagiert Finanzminister
Wolfgang Schäuble?

Schäuble hat nach eigener Aussage keinen Zweifel an einer künftigen Beteiligung des IWF. Das IWF-Management habe sich bereits im vergangenen Jahr verpflichtet, dem Aufsichtsgremium des Fonds neue Finanzhilfen für Griechenland vorzuschlagen, sagte Schäuble am Dienstag in Brüssel. Voraussetzung sei, dass die Beschlüsse der Eurogruppe vorher umgesetzt würden. Dort ist man optimistisch: „Wenn die Reformen einmal Früchte tragen, kann Athen den entstehenden Spielraum für mehr Investitionen nutzen“, hofft Dijsselbloem. Und mit ihm die gesamte Euro-Zone.